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Solingen. Das LVR-Industriemuseum widmet sich ab dem 30. September 2016 in seiner neuen Sonderausstellung „Die Welt im Kleinen“ der Geschichte des Baukastens im 20. Jahrhundert. Zu sehen ist ein Spielzeug, das wie kaum ein anderes mit dem vom Werkstoff Stahl geprägten Industriezeitalter verbunden ist. Im Mittelpunkt der Schau stehen die faszinierenden Metallbaukästen und Modelle namhafter Hersteller wie Märklin, Trix, Stabil oder Meccano.
Der Rundgang durch die Ausstellung beginnt mit „Träumen aus Blech“. Hier sind technische Ikonen wie die legendäre Schweizer Bergbahn – die Krokodil E-Lok – oder der Eiffelturm in einer Größe von fast zwei Metern zu bestaunen. Die Modelle überzeugen durch den Charme der Miniatur, gleichzeitig beeindrucken sie durch ihre Größe. Hier sieht man kein Kinderspielzeug, sondern in vielen Stunden Arbeit zusammengesetzte Werke von Tüftlern. Faszinierend ist die präzise Abbildung des originalen Vorbildes.
Sein Sofa und ein stilisierter Flohmarkttisch entführen in die persönliche Welt von Jürgen Griebel, Köln, aus dessen umfangreicher Sammlung die historischen Metallbaukästen der Ausstellung stammen. Griebel, der als Kind von der Leidenschaft des Bauens mit Metallbaukästen infiziert wurde, hat über viele Jahre hinweg eine beeindruckende Sammlung dieses technischen Spielzeuges zusammengestellt. Auch wenn sein Fokus zunächst auf den Märklin-Baukästen lag, kamen „doch die Kästen aller erreichbaren anderen Baukasten-Hersteller hinzu“.
Die Geschichte des Baukastens und die seiner bekannten Hersteller werden in der Ausstellung ebenfalls thematisiert. Während die frühen Baukästen des 19. Jahrhunderts aus Holz oder aus Stein und ohne feste Verbindungselemente waren, erfand Frank Hornby aus Liverpool 1901 das entscheidende Bauteil für die Welt im Kleinen aus Blech: Genormte Metallstreifen mit Löchern in regelmäßigen Abständen. Mit Schrauben und Muttern, Rädern und Achsen ließen sich erstmals bewegliche Modelle wie Kräne, Maschinen oder Wagen aller Art bauen. Der Metallbaukasten konnte seinen Siegeszug in die Welt antreten. 1908 gründete Hornby die Firma Meccano Ltd., die sich rasch zur größten Spielwarenfabrik Großbritanniens entwickeln sollte. In vielen Ländern fanden sich Nachahmer. Zu den bekannten deutschen Herstellern gehören die Berliner Firma Walther mit ihren Stabilbaukästen (ab 1905) oder die in Göppingen ansässige Fa. Märklin, die seit 1914 eigene Metallbaukästen produzierte. Ihre Entwicklung greift die Ausstellung ebenso auf, wie sie in einem Exkurs auf die Blechspielzeuge und Metallbaukasten eingeht, die von Solinger Firmen hergestellt worden sind.
Die Baukästen wurden seit den 1920er Jahren für eine breitere Käuferschicht erschwinglich, da eine stärkere Mechanisierung der Produktion die Preise sinken ließ. Ein großes Schaufenster mit Modellen und Baukästen aller Art erinnert in der Ausstellung an die Vertriebsformen, mit denen die Hersteller für ihre Produkte warben. Eingängige Werbesprüche wie „Es ist und bleibt Stabil des Knaben liebstes Spiel“ gehörten ebenso zu den umfangreichen Werbestrategien wie Anzeigen und Plakate. Insbesondere die Spielzeugkataloge ließen die Kinderherzen höher schlagen. Doch die größte Überzeugungskraft traute man den gebauten Modellen zu, die den Einzelhändlern für ihre Schaufenster angeboten wurden. Besonders in der Weihnachtszeit bestaunten die Kinder die prächtig dekorierten Auslagen.
Ein letzter Bereich der Ausstellung beschäftigt sich mit Kindheit und Spiel. Seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert zeigt das technische Spielzeug: Was im Großen die Welt bestimmt, findet man im Kleinen als Spielzeug wieder. Gerade Metallbaukästen eigneten sich hervorragend, um Bauwerke, Fahrzeuge und Maschinen oder auch Phantasieobjekte, die die Arbeits-, Lebens- und Vorstellungswelt der jeweiligen Zeit prägten, nachzubauen. Sie galten als pädagogisches Spielzeug, das Kinder anregen sollte, kreative Lösungen zu finden. Gleichzeitig lehrten sie planvolles Handeln, Geschicklichkeit, Konzentrationsfähigkeit und nicht zuletzt auch Ordnung. Gedacht waren sie nahezu ausschließlich für Jungen. Die Titelbilder oder Namen wie „Der kleine Architekt“ oder „Der kleine Ingenieur“ zeugen von dem Anspruch, Jungen schon früh auf eine technikbestimmte Berufswelt vorzubereiten. Der Mitmachbereich mit vielen verschiedenen Baumaterialien lädt die kleinen Besucherinnen und Besucher ein, auszuprobieren, wie aktuell das Spielzeug Baukasten heute noch ist.
Ende der 1950er Jahre ließ das Interesse an den Metallbaukästen nach. Mit Fischer-Technik entstand ein Kunststoff-Baukasten-System, das den Metallbaukästen in vielerlei Hinsicht überlegen war und auch speziell für den Werkunterricht vermarktet wurde. Die Erfindung von Lego im Jahr 1958 ermöglichte das einfache und spielerische Bauen mit bunten Kunststoffbauteilen. Der Anteil an Kunststoffspielzeug erreichte 1968 bereits 40 Prozent. Der Metallbaukasten wurde zu einem Nischenprodukt und allmählich zum Sammelobjekt.
Ein großer Mitmachbereich mit vielen verschiedenen Baumaterialien lädt zum Spielen ein. Die Ausstellung wird ergänzt durch ein Rahmenprogramm mit Führungen und Kreativ-Workshops für Kinder.
Laufzeit: 30.09.2016 – 25.06.2017
Öffnungszeiten: Dienstag – Freitag 10 – 17 Uhr, Samstag und Sonntag 11 – 18 Uhr
Eintrittspreise: 6 € (Kombiticket für Sonder- und Dauerausstellung), Kinder und Jugendliche frei
Besucherinfos und Buchungen von Führungen: bei kulturinfo rheinland unter
Tel.: 02234/9921-555 (Mo-Fr 8-18 Uhr, Sa, So und an Feiertagen 10-15 Uhr)
Mail: info@kulturinfo-rheinland.de
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Meccano-Modell Cabrio mit Wohnwagen, um 1920
© Sammlung Griebel, Foto: Jürgen Hoffmann
Motorrad mit Beiwagen aus Mekanik-Teilen, um 1960
© Sammlung Griebel, Foto: Jürgen Hoffmann
Gotthard-Lok aus Bauteilen der Schweizer Marke Stocky, um 1980
© Sammlung Griebel, Foto: Jürgen Hoffmann
Pullmann-Limousine, Märklin, 1930er Jahre
© Sammlung Griebel, Foto: Jürgen Hoffmann
Flugzeug Doppeldecker, Meccano, 1938
© Sammlung Griebel, Foto: Jürgen Hoffmann
Auto Baukasten, Märklin, 1930er Jahre
© Sammlung Griebel, Foto: Jürgen Hoffmann
Modell des Eiffelturms, Märklin o.J.
© Sammlung Griebel, Foto: Jürgen Hoffmann