Die Tuchfabrik Müller steht beispielhaft für die Blüte und den Niedergang der rheinischen Wolltuchindustrie. Begonnen hat aber alles mit der Papierherstellung. Das stattliche Produktionsgebäude wurde 1801 als eine Papiermanufaktur errichtet – und erst 40 Jahre später als eine Spinnerei und Walkerei umgenutzt. In den 1860er Jahren kam eine erste Dampfmaschine hinzu. 1894 richtete der neue Firmenbesitzer Ludwig Müller hier eine komplette Volltuchfabrik ein, die robuste Wolltuche und Lodenstoffe herstellte. In Kriegszeiten wurden hier in großer Menge Uniformtuche hergestellt. Im Kaiserreich, in der Weimarer Republik und in der Nachkriegszeit lieferte man sowohl Zivil- als auch Uniformtuche.
Ende der 50er Jahre geriet die Tuchfabrik – wie viele andere kleine Wolltuchhersteller – unter Konkurrenzdruck. Italienische Hersteller lieferten günstigere Ware aus Reißwolle. Größere Betriebe investierten in neue Maschinen und produzierten damit schneller und günstiger als die Tuchfabrik Müller mit ihrem Maschinenpark aus der Zeit um 1900. So musste der Betrieb 1961 schließen. Voller Hoffnung, den Produktionsbetrieb später wieder aufzunehmen, pflegte und hegte aber der letzte Inhaber, Kurt Müller, Fabrikgebäude und Maschineninventar. Die Anlage verfiel in einen Dornröschenschlaf, der über 20 Jahre währte.
1988 übernahm der Landschaftsverband Rheinland die vollständig erhaltene Fabrik, über die sich seit dem letzten Betriebsjahr 1961 Staub, Rost und Spinnweben gesenkt hatten. Der komplett erhaltene Fabrikkosmos wurde penibel dokumentiert, sensibel und behutsam restauriert – und für eine Museumsnutzung hergerichtet. Heute zählt das Industriedenkmal zu den besterhaltenen und bestdokumentierten historischen Fabriken in Deutschland. Die Tuchfabrik Müller wurde im September 2000 als Schauplatz des LVR-Industriemuseums eröffnet. Die wichtigsten Textilmaschinen und die Dampfmaschine konnten reaktiviert werden und laufen regelmäßig im Vorführbetrieb.