Betriebsferien: Alle Schauplätze des LVR-Industriemuseums sind vom 23.12.2024 bis einschließlich 1.1.2025 geschlossen.
Engelskirchen. Die erstaunliche Kulturgeschichte der Unterwäsche steht ab dem 9. April im Mittelpunkt der Ausstellung „Dessous – 150 Jahre Kulturgeschichte der Unterwäsche“ im Kraftwerk Ermen & Engels in Engelskirchen. Hier treffen die Besucherinnen und Besucher auf mehr als 250 reizvolle Originalexponate wie Korsetts und Krinolinen des 19. Jahrhunderts oder auch den Hauch von Nichts der modernen Dessous. Auch die frühen BHs der 1920er, edle Seidenensembles der Femme Fatale sowie panzerartige Mieder und Spitztüten-BHs der Wirtschaftswunderzeit lassen den Wandel der Unterwäsche erkennen.
Die Unterwäsche von heute ist kaum noch welche: knappe String-Tangas oder Panties, dazu ein BH, vielleicht noch ein Hemdchen, das ist alles. Dem steht zu Beginn der Geschichte der Unterwäsche eine wahre Wäsche- und Rüschenpracht entgegen. In festgelegter, logischer Abfolge zog die bürgerliche Frau in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts nacheinander an: Unterhose – damals noch „Unaussprechliche“ genannt – Strümpfe, die von einem Strumpfband gehalten wurden, wadenlanges Hemd, Korsett, in das man sie für die begehrenswerte schlanke Taille einschnürte, eine Untertaille, um Korsett und Oberbekleidung zu schonen, und einen Anstandsunterrock, darüber je nach Mode Krinoline, Tournüre oder Cul de Paris und zum Abschluss rundeten wenigstens zwei oder mehr Unterröcke das Untenrum ab.
Die Ausstellung schildert das Thema nicht nur aus der historischen Perspektive, sondern aus verschiedenen Blickwinkeln: etwa aus der Sicht verschiedener gesellschaftlicher Gruppen. Das Korsett des 19. Jahrhunderts zum Beispiel – Trägerin und Betrachter assoziierten mit diesem Kleidungsstück ganz unterschiedliche Gefühle: Für die Näherin oder Wäscherin war es schlicht ein Stück Stoff, das Arbeit bedeutete, für den Arzt eine ungesunde Verirrung, in bestimmten Kreisen hingegen der Inbegriff der Erotik. Stets war die Unterwäsche auch dem kritischen Blick der Gesellschaft ausgesetzt. Wer im 19. Jahrhundert auf der Wäscheleine Extravagantes im Wind flattern ließ, dem war der Klatsch der Nachbarschaft sicher.
Nicht fehlen darf auch der Blick der Geschlechter aufeinander. Erotische Dessous sind fast ausschließlich weibliche Kleidungsstücke, zu denen es kaum männliche Pendants gibt. Sie entwerfen Bilder von Frauen, die häufig bestimmten Stereotypen erotischer Fantasien entsprechen, wie dem Vamp, der Femme Fatale oder der sexy Karrierefrau.
Die weit geschnittene Wäsche der wilhelminischen Epoche und ihre üppigen Auszierungen mit Stickereien, Spitze, Volants, Rüschen, Schleifen und Bändern zeigt die Ausstellung ebenso wie die ersten Büstenhalter der 1920er Jahre und die ersten Strumpfhosen der 1950er Jahre. Zu sehen sind außerdem die Anfänge des Wonderbras, der in den 1960ern eine Revolution in der Welt der Wäsche darstellte, sowie die farbenfrohen Schlupf-BHs, Hemdhöschen aus Feinripp, Frottee-Stretch oder Wegwerf-Höschen aus Papier der 1970er. Wie Dessous bis heute zum Modeartikel geworden sind und als solche in der Öffentlichkeit gezeigt werden dürfen, wird vor dem Hintergrund der jeweiligen gesellschaftlichen Entwicklungen erläutert.
Das LVR-Industriemuseum präsentiert Originalkostüme aus seiner umfangreichen Sammlung zur Geschichte der Mode und Bekleidung. Darüber hinaus wurden dem Museum vielfältige Leihgaben von Firmen und aus Privatbesitz überlassen. Mit diesen sind immer auch persönliche Geschichten zum Thema Reiz und Scham verknüpft, die sich in der Ausstellung wiederfinden. Modejournale, Fotos, Accessoires und Filme ergänzen die Ausstellung.
Den Besucherinnen und Besuchern bietet sich in Engelskirchen die letzte Gelegenheit, die atemberaubende Kulturgeschichte der Dessous zu erleben. Denn die Schau, die bereits durch verschiedene Museen tourte, wie die Schauplätze des LVR-Industriemuseums in Euskirchen und Ratingen, das Textil- und Industriemuseum Augsburg und das LWL-Industriemuseum TextilWerk Bocholt, wird letztmalig zu sehen sein.
Zur Ausstellung gibt es ein umfangreiches Begleitprogramm.
Zur Ausstellung erscheint ein Katalog zum Preis von 6 €.
Weitere Informationen zur Ausstellung
LVR-Industriemuseum
Kraftwerk Ermen & Engels
Engels-Platz 2
51766 Engelskirchen
Laufzeit: 9. April bis 25. Oktober 2015
Öffnungszeiten: dienstags bis freitags 10 – 17 Uhr, samstags und sonntags 11 – 18 Uhr, Karfreitag, Ostermontag und 1. Mai geschlossen
Eintrittspreise: 4 €, erm. 3,50 €, Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre haben im LVR-Industriemuseum freien Eintritt.
Besucherinfos und Buchungen von Führungen bei kulturinfo rheinland unter
Tel.: 02234/9921-555 (Mo-Fr 8-18 Uhr, Sa, So und an Feiertagen 10-15 Uhr) oder per Mail an info@kulturinfo-rheinland.de
Die Pressebilder dürfen nur zu Pressezwecken im Rahmen der aktuellen Berichterstattung über die Ausstellung „Dessous - 150 Jahre Kulturgeschichte der Unterwäsche" im LVR-Industriemuseum genutzt werden. Eine gesonderte Verwendung der Fotos ist nicht erlaubt.
Blick auf die Unterbekleidung um 1900: Rüschen, Spitzen und Tournüre
© LVR-Industriemuseum
BH der 1930er Jahre. Nach dem flachen, fast männlichen Körperideal der 1920er Jahre träumt die elegante Dame nun wieder von einer "schönen" Büste.
© LVR-Industriemuseum
Blick auf 150 Jahre Korsettgeschichte. Rechts und links klassische Korsetts des 19. Jahrhunderts und in der Mitte ein modernes Korsett
© LVR-Industriemuseum
Blick auf das Mobiliar eines ehemaligen Miederwarengeschäfts, das in der Ausstellung zu sehen ist
© LVR-Industriemuseum