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Oberhausen. Ratingen. Hauchzarte Chiffonkleider, moderne Kostüme für die berufstätige Frau, Dirndl und Trachten und nicht zuletzt jede Menge Uniformen – diese Klischees gelten als typisch für die Nazi-Zeit. Dass dies aber lange nicht alles war, zeigt die Ausstellung Glanz und Grauen – Mode im „Dritten Reich" im LVR-Industriemuseum Ratingen vom 9. März 2012 bis zum 14. Juli 2013.
Was wurde wirklich getragen, im Alltag, auf der Straße, im Haushalt, bei der Berufsarbeit oder den Urlaubsreisen? Und wie griffen die Nationalsozialisten in den Umgang mit Kleidung ein? Was hatte Alltagskleidung in den 1930er und 1940er Jahren mit Politik zu tun? Diese Frage haben sich bisher nur wenige gestellt. Zwar ist die NS-Zeit breit erforscht, mit der Frage der Kleidung und des Kleiderkonsums in der NS-Diktatur hat sich bislang gleichwohl kaum jemand befasst. Aus diesem Grund sind viele Mythen entstanden. Zum Beispiel: Die typische Frau der Nazizeit trug Tracht und Dirndl, am besten mit Gretchenzopf.
An mehr als 100 Originalkostümen und über 350 weiteren Exponaten aus der umfangreichen Textilsammlung des LVR-Industriemuseums sowie Leihgaben aus anderen Museen und Privatbesitz zeichnet die Ausstellung die Geschichte der Mode und Bekleidung von den frühen 1930er Jahren bis in die Nachkriegsjahre nach. Auf über 400 Quadratmetern werden seidene Abendroben und raffiniert garnierte Kleider für den Nachmittag ebenso wie einfache Alltags- und Berufsgarderobe, Kleider aus Ersatzstoffen und solche der Notkultur präsentiert. Deutlich wird dabei vor allem: Das Kleidungsverhalten im „Dritten Reich" war weitaus vielseitiger als die stereotypen Vorstellungen der Uniformen der Hitlerjugend und der fließenden Roben einer Zarah Leander. Die Schau reicht bis hin zu kurzen Cordhosen, karierten Hemden, Pullundern, bestickten Kleidern, Kitteln und Spielhöschen für die Kleinen.
Die Ausstellung fragt auch, inwieweit die Menschen tragen durften, was sie wollten. Beeinflusste das Regime die Auswahl und die Art der Kleidung? Deutlich wird, dass die Wirklichkeit vielschichtig war. Einerseits unterlag Mode auch während des Nationalsozialismus internationalen Einflüssen; der Glamour der Filme und ihrer Stars prägte die Träume. Andererseits waren Rohstoffe knapp und Textilien Mangelware, die Nazis verordneten Spinnstoffsammlungen und Kleiderkarten. In Textilindustrie und Kleidungsverhalten erprobte das NS-Regime „nationalsozialistische Geschmacksbildung" und Mangelbewirtschaftung. Schließlich diente Kleidung auch der Ideologie von „Volksgemeinschaft" und Rassismus: Die Uniformen für Parteiorganisationen schufen eine sichtbare Einheit und integrierten ihre Träger und Trägerinnen in die „Volksgemeinschaft"; die Regierung diktierte „Judensterne" als textile Kennzeichen für eine ganze Bevölkerungsgruppe, die sie ausgrenzte.
Von Anfang an verfolgte das Kuratorenteam des LVR-Industriemuseums Ratingen um Museums- und Projektleiterin Claudia Gottfried das Ziel, Bürgerinnen und Bürger aus Ratingen und Umgebung in die Ausstellungsplanung einzubeziehen. Viele kamen der Aufforderung nach, ihre Stücke aus der Zeit zur Verfügung zu stellen. Neben vielen privaten Spenden, die die umfangreiche Sammlung des LVR-Industriemuseums zur Mode- und Kostümgeschichte der 1930er und 1940er Jahre bereichern, brachten die früheren Besitzer auch Fotos und Geschichten mit ins Museum.
Zur Ausstellung gibt es ein Begleitprogramm, bestehend aus regelmäßigen öffentlichen Sonntagsführungen, Abendführungen, Vorträgen und Gesprächen. Für Schulklassen und andere Gruppen sind Führungen buchbar, auch mit individuellen thematischen Schwerpunkten. Museumspädagogische Programme werden derzeit erarbeitet.
Die Ausstellung „Glanz und Grauen – Mode im Dritten Reich" entstand in Kooperation mit der Philipps-Universität Marburg, Institut für Europäische Ethnologie/Kulturwissenschaft. Gemeinsam mit dem LVR-Industriemuseum wurden Kleidung und Kleidungsverhalten in den 1930er und 40er Jahren untersucht. Das Forschungsprojekt wird von der VolkswagenStiftung finanziell gefördert.
VolkswagenStiftung
Dr.Thomas Brunotte
brunotte@volkswagenstiftung.de
Philipps-Universität Marburg, Institut für Europäische Ethnologie/Kulturwissenschaft
Dr. Kerstin Kraft
Eintritt: 4 Euro, ermäßigt 3 Euro
Dauer der Ausstellung: 9. März bis 27. Januar 2013
Öffnungszeiten: Di – Fr 10 – 17 Uhr, Sa & So 11 – 18 Uhr
Buchung von Führungen:
kulturinfo rheinland
Tel: 02234 992-555 (Mo-Fr 8-18 Uhr; Sa, So und an Feiertagen 10-15 Uhr)
Fax: 02234 9921-300
E-Mail: info@kulturinfo-rheinland.de
Zur Ausstellung ist eine Begleitpublikation erschienen, die für 9,95 € im Museumsshop erhältlich ist.
Weitere Informationen unter www.glanz-und-grauen.lvr.de.
Pressekontakt: Silke Krebbing, Tel. 0208/8579155, silke.krebbing@lvr.de
LVR-Industriemuseum
Textilfabrik Cromford
Cromforder Allee 24
40878 Ratingen
Die Pressebilder dürfen nur zu Pressezwecken im Rahmen der aktuellen Berichterstattung über die Ausstellung „Glanz und Grauen - Mode im 'Dritten Reich'" im LVR-Industriemuseum genutzt werden. Eine gesonderte Verwendung der Fotos ist nicht erlaubt.
(c) LVR-Industriemuseum
Elegante Abendkleider im Schrägschnitt, frühe 1930er Jahre
(c) LVR-Industriemuseum
Soldaten-Päckchen aus den besetzten Ländern in die Heimat: Dessous aus Paris, Schuhe aus Italien, Pelze aus Russland, Leinen aus Polen, zwischen 1940 und 1945
(c) LVR-Industriemuseum
Mit bunten Glassteinen entnazifiziertes Koppel der HJ, 1946