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Strohhut mit Vogelbalg

1930 – 1939

Schwarzer Strohhut mit bunten Federn

Damenstrohhut mit Vogelbalg, 1930 - 1939, Stroh, Federn, Mischgewebe, Kunststoff, Metall, 8 x 29 x 30 cm, Inv.-Nr.: rz 14/408 © LVR-Industriemuseum, Foto: Jürgen Hoffmann

Silberreiher, Seidenreiher und Mittelreiher waren zu Beginn des 20. Jahrhunderts in vielen Regionen vom Aussterben bedroht. Doch nicht jede Frau konnte sich einen „echten Reiher“ leisten, weswegen fantasievolle Imitate aus Hahnenfedern ebenfalls boomten.


Schon um 1800 kam ein eleganter Haarschmuck für Damen aus büschel- oder strahlenförmig hochstehenden Reiherfedern, die sogenannte Aigrette in Mode. Gut hundert Jahre später wurde die Aigrette abermals zu einem beliebten Accessoire. Auch als Hutschmuck dominierten Reiherfedern in Europa und den USA als kurz vor Beginn des Ersten Weltkriegs Tango zum neuem Modetanz wurde.


Allein 200.000 Silberreiher wurden jährlich für die Hutindustrie erschossen; besonders in den Kolonien in Afrika und Asien wurden die Vögel erbarmungslos gejagt. Die Nachfrage war jedoch so groß, dass auch als weniger kostbar angesehene Federn, zum Beispiel vom Fischreiher, verarbeitet wurden. Zusätzlich kreierte die Schmuckfederindustrie künstliche Nachahmungen, etwa aus feinen Glasfäden, Rosshaar, Borsten oder anderen Haaren. Alternativ wurden Federn des heimischen Nutzgeflügels als Reiherfeder-Imitate zugerichtet. Dazu eigneten sich die Schweiffedern eines Hahns besonders gut. Sie wurden mit Beize ausgedünnt und im Anschluss in Form gebracht, und zum Beispiel zu der markanten und damals sehr beliebten sogenannten Reiherlocke eingedreht. Durch diese Nachahmungen war es auch Frauen mit kleinem Geldbeutel möglich, einen modischen Reiherhut zu kaufen.


Der schwarze Strohhut aus dem LVR-Industriemuseum stammt aus den 1930er Jahren. Die Schwanzfedern der kleinen Vogelattrappe sollen wie zwei Reiherlocken aussehen. Die Flügel wurden allerdings aus gefärbten Hühnerfedern gefertigt, sogenannten Phantasiefedern, weswegen es wahrscheinlich ist, dass es sich auch bei den Schwanzfedern um ausgedünnte Schweiffedern eines Hahns und damit um ein Imitat handelt.


Weitere Informationen zur Ausstellung „Modische Raubzüge. Von Luxus, Lust und Leid. 1800 bis heute“


Natalie Linda


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