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Jumperkleid

um 1928

Jumperkleid, um 1928, Kunstseidenjersey

Jumperkleid, um 1928, Kunstseidenjersey, 104 x 56 cm, Inv.-Nr.: eu 99/377 © LVR-Industriemuseum, Foto: Jürgen Hoffmann

Die neuen Schnitte in der Damenkleidung der 1920er Jahre versprachen nicht nur eine neue Freiheit für den weiblichen Körper, sondern auch ein neues Tempo beim Ankleiden: einfach reinschlüpfen und fertig!


In den 1920er Jahren veränderte sich das Frauenbild entscheidend: Frauen gingen immer häufiger einem Beruf nach und traten zunehmend selbstbewusster in der Öffentlichkeit auf. Wie die Rolle der Frau in der Gesellschaft, so unterlag auch die weibliche Kleidung in dieser Zeit einem Wandel.


Noch um 1900 waren Frauen in engen Korsetts eingeschnürt und trugen hochgeschlossene, bodenlange Kleider, die die Bewegungsfreiheit stark einschränkten. In den 1920er Jahren aber konnte sich die Frau dank des nun fehlenden Korsetts und der kniekurzen Kleider frei und ungezwungen bewegen. Statt der Betonung weiblicher Körperformen galten Schnitte mit einer geraden, sachlichen Körperlinie als absolut modern. Sowohl im Alltag als auch am Abend war praktische und sachliche Kleidung, die gerade und locker geschnitten war, gefragt.


Das schlicht gehaltene Tageskleid ist ein gutes Beispiel für diesen Wandel der Mode. Für Vorder- und Rückenteil sowie für die Ärmelbündchen wurde ein beigebrauner, frotteeartiger, in sich gemusterter Kunstseidenjersey verwendet. Ärmel und die Ausschnittblende bestehen aus mittelbraunem Viskosekrepp.


Der Schnitt des Kleides lässt den Eindruck entstehen, es handele sich hier um ein Ensemble aus Pullover und Rock. Pullover, damals „Jumper“ genannt, kamen in den 1920er Jahren groß in Mode. Man kombinierte gern einen hüftlangen Jumper zum Rock, oder man imitierte den Jumper, so wie hier, mit dem sogenannten Jumperkleid – eine sehr sportliche, bequeme Mode, deren Stil sich sogar in der Abendgarderobe wiederfand.


Das Kleid steht in doppelter Hinsicht für den damaligen Topos: Geschwindigkeit und Dynamik. Es ist einfach und schnell herzustellen, da es einen unkomplizierten Schnitt, keine aufwändigen Nähte oder Schmuckdetails hat. Aber auch beim Anziehen ließ sich Zeit sparen, da das Kleid komplett ohne Verschluss auskommt und aus dehnbarem Material gefertigt ist: einfach über den Kopf ziehen – fertig.


Der Verarbeitung nach zu urteilen wurde das Kleid selbstgeschneidert. Es gab Zeitschriften mit Schnittmuster und kunstseidene Stoffe waren in vielen Variationen erhältlich. Mit der Massenproduktion von Kunstfaserstoffe wurde das Material außerdem kostengünstiger und etablierte sich mit immer besser werdender Qualität allmählich für die Herstellung von Oberbekleidung. Modische Kleidung war nun keine Frage des Geldes mehr und damit nicht allein den oberen Gesellschaftsschichten vorbehalten. Die Kunstseide und die simplen Kleiderschnitte beförderten letztlich die Demokratisierung der Mode.


Weitere Informationen zur Ausstellung nützlich & schön. Produktdesign von 1920 - 1940


Autorin: Caroline Lerch


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