Die Papiersammlung umfasst die unterschiedlichsten Alltagsobjekte aus Papier, Pappe und Karton: Freundschaftskärtchen, Nudelverpackungen, Klopapierrollen oder Papiertheater. All diese Objekte sind Zeugnisse der Veränderung des Papiergebrauchs. Vor der Industrialisierung war Papier überwiegend in Form von Schreib- und Druckpapier in Gebrauch. Mit der industriellen Erzeugung eröffneten sich neue Einsatzgebiete vor allem in Bereichen, in denen der vergleichsweise niedrige Preis wichtig war: Die Verwendung als Verpackung nahm ab den 1870er Jahren stark zu, Hygiene- und eine Fülle von Dekorationsartikeln aus Papier kamen neu auf den Markt, eine eigene Luxuspapierbranche bildete sich um die Jahrhundertwende heraus, zahlreiche Anwendungen als Ersatzmaterial und im technischen Bereich wurden entwickelt. Papier wurde im Verlauf des 20. Jahrhunderts zum Material der Wegwerf- und Konsumgesellschaft.
Die älteste Nutzung von Papier ist die Verwendung als Informationsträger, obwohl vor 1800 nur ein kleiner Teil der Bevölkerung lesen und schreiben konnte. Das ändert sich im Verlauf des 19. Jahrhunderts mit der Einführung der Schulpflicht. Der Alphabetisierungsgrad steigt bis 1900 auf 90 % an. Den Umgang mit Schriftlichkeit belegen viele handschriftliche Aufzeichnungen in Tage- und Notizbüchern, Freundschaftsbüchern oder Poesiealben, Briefen oder Glückwunschkarten sowie zahlreiche Formulare, Quittungen und Rechnungsbücher.
Mit der steigenden Lesefähigkeit wächst auch der Informationsbedarf. Dem kommen die Fortschritte bei den Drucktechniken entgegen. Dadurch können Zeitungen und Zeitschriften in wachsenden Mengen hergestellt werden. Der Zeitschriftenmarkt erweitert sich. Zwischen 1852 und 1890 werden über 150 neue Organe gegründet. Mit neuen Gattungen werden neue Zielgruppen erschlossen. 1853 erscheint erstmalig die Familienzeitschrift „Die Gartenlaube", der Vorläufer einer modernen Illustrierten. Auch die Zahl der Buch-Neuerscheinungen und -auflagen wächst. Die Entwicklung zur Popularisierung des Lesens und der Lesestoffe im 19. und 20. Jahrhundert belegen zahlreiche Buch- und Heftromane.
Nach 1850 entstehen zahlreiche Betriebe, die Papiere und Kartons zu Tüten und Schachteln weiterverarbeiten. Maschinenbaufirmen stellen sich auf die neue Branche ein und bringen eine Vielzahl von Verarbeitungsmaschinen auf den Markt. Die zunehmende Verwendung von Papier zu Verpackungszwecken beruht auf den Veränderungen der gesamten Lebensverhältnisse im Verlauf des 19. Jahrhunderts. Lebensmittel werden industriell produziert; an die Stelle von Selbstversorgung und Einkauf auf dem Markt tritt der Einkauf beim Händler. Die Zahl der Geschäfte steigt in Deutschland von 1875 bis 1914 auf fast das Dreifache, die der Beschäftigten sogar auf mehr als das Vierfache. Für den Verkauf müssen nun alle Waren verpackt werden. Die Umstellung auf Selbstbedienung im Supermarkt in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts stellt dann noch einmal neue Anforderungen an die Verpackung.
Hygieneartikel aus Papier kommen Ende des 19. Jahrhunderts erstmalig auf den Markt. Die ersten Belege für "Closetpapier" finden sich in den Mitteilungen der "Papier-Zeitung" von 1879. In den Fachzeitschriften häufen sich Berichte und Anzeigen zu diesem neuen Produkt.
Ebenda wird bereits um 1900 über Taschentücher aus Papier berichtet. Ab 1929 erobert die Marke "Tempo" als Einmal- oder Wegwerfprodukt den Markt und ist bis heute Namensgeber für Papiertaschentücher schlechthin. Mit dem Slogan "Seidenweich! Saugfähig! Hygienisch! Kein Waschen mehr!" priesen die Vereinigten Papierwerke Nürnberg beim Reichspatentamt das Warenzeichen an. Ähnlich etablierte sich der Markenname „Zewa Wisch&Weg“ zum Synonym für das Produkt Küchentücher. Das Kürzel Zewa steht für den Hersteller: die Zellstofffabrik Waldhof. Sie prodiziert seit 1972 Küchentücher von der Rolle. Weitere historische Beispiele sind Puderpapier, Lippentupfer, Erfrischungstücher oder Papiere zum Abschminken oder zum Säubern von Rasiermessern. Hygienepapiere geben Hinweise zu Veränderungen hygienischer Standards sowie zur "Wegwerfkultur".
Zwischen 1860 und 1930 entfaltet sich eine eigene Luxuspapierbranche. Sie bringt veredelte, verzierte und oft aufwendig bearbeitete Papiererzeugnisse auf den Markt, die nicht in erster Linie praktischen Zwecken dienen. Zur Veredlung werden eine Reihe von Bearbeitungsverfahren eingesetzt: Hand- und Schablonenkolorierung, chromolithographische Verfahren, Prägen und Stanzen sowie das Anbringen von Laschen, Klappen oder besonderen Mechanismen. Heute sind solche Luxuspapiere begehrte Sammelobjekte: Besonders aufwendig gestaltete Grußkarten, Fest- und Dekorationsartikel wie Luftschlangen, Lampions, Girlanden, Konfetti oder Masken, Modellbaubögen, Sammelbilder, Ankleidefiguren, Papiertheater und vieles mehr.
Papier, Karton, Pappe oder Pappmaché werden häufig als Ersatz für teurere Werkstoffe genutzt. Durch die industriellen Produktionsverfahren ist das Material immer preiswerter geworden und findet als Ersatz für textile Fasern (Kleidung, Kissen- und Wandbezüge, Papierspitze, Teppiche, Leichenhemden), für Holz (Möbel, Knöpfe, Schalen, Gefäße oder sogar als Sarg), für Korbwaren (Stühle, Kinderwagen), für Leder (Taschen, Koffer, Etuis), für Metall (Sargverzierungen) oder für Keramik (Geschirr, Puppenköpfe) Verwendung.
Auch dieser Lampenschirm ist nicht aus textiler Spitze, sondern aus gestanzter, blau gefärbter Pappe gefertigt. Solche Trink-Becher aus wasserdichtem Papierstoff wurden bereits 1897 angeboten mit dem Hinweis: „Für Reisende, Touristen, Radfahrer, Jäger, Militair und Schüler“.