Diese Bilderserien dokumentieren verschiedene Branchen in der rheinisch-westfälischen Industrieregion. Ein Hauptgewicht liegt bei Bildern der Industrie. Arbeit und Produktion in der Stahl- und Eisenverarbeitenden Industrie, der Textilindustrie, der Kalksteingewinnung und -verarbeitung, der Lebensmittelindustrie und anderer Branchen waren Anlass und Motiv für solche Fotoserien.
Wilfried Krüger, Kalksteinwerke der Thyssen Stahl AG, Wülfrath, 1997
Thomas Strenge, Arbeiterporträts, August Klönne GmbH, Dortmund, 1992 und Abfackeln des Gases, Thyssen Henrichshütte AG, Hattingen, 1989
Einen weiteren Schwerpunkt machen Bildstrecken aus, die das 'moderne Leben' in den industriell geprägten Städten und Regionen Westdeutschlands in den Fokus nehmen. So hat das LVR-Industriemuseum beispielsweise fotografische Arbeiten zur Veränderung der Stadtlandschaft im Strukturwandel, zum Leben und Wohnen im Ruhrgebiet sowie zu Arbeitskämpfen beauftragt und erworben.
Joachim Brohm, Ruhrgebietslandschaften, 1983
Christoph Ley, Essen-Katernberg, 1984/85
Daneben ergaben sich immer wieder Möglichkeiten, aus Projekten bekannter Fotografen Bildserien zu erwerben, die die Sammlung aktueller Autorenfotografie sinnvoll ergänzen konnten, so z.B. von Bernd und Hilla Becher, Manfred Vollmer und Timm Rautert.
Zum anderen wurden im Laufe der Jahre viele tausend historische Fotografien für die Sammlung erworben: Sie bilden einen zweiten, größeren Bestand innerhalb der Fotosammlung.
An vorderster Stelle zu nennen ist hier die Werksfotografie der früheren Gutehoffnungshütte in Oberhausen. Das LVR-Industriemuseum konnte 1995 von der MAN-GHH das Wohn- und Kontorhaus der St. Antonyhütte in Oberhausen-Osterfeld mitsamt Inventar und Archivalien übernehmen. Darin
enthalten war das Negativarchiv der Werkfotografischen Abteilung der Gutehoffnungshütte. Es umfasst ca. 15.700 Glasnegative aus der Zeit zwischen 1880 und etwa 1960, rund 170.000 Planfilm- und ungezählte Kleinbildnegative, dazu rund 40.000 Arbeitsabzüge. Dieser Bestand gehört zu den bedeutendsten Bildarchiven, die aus deutschen Großunternehmen überliefert sind. Mit Unterstützung der Regionalen Kulturförderung des Landschaftsverbandes Rheinland konnte 2005 der Bestand historischer Glasnegative konserviert und digitalisiert werden.
Werksfotografie der GHH, In der Dreherei, Eisenhütte 1
In der Obhut des LVR-Industriemuseums ist auch die Fotosammlung des ehemaligen Siedlungsverbands Ruhrkohlenbezirk (SVR) – später Kommunalverband Ruhrgebiet (KVR), heute Regionalverband Ruhrgebiet (RVR) genannt. Sie umfasst mehrere zehntausend Fotos und Dias.
Fotografisch ausgezeichnet dokumentiert ist ebenso die Unternehmensgeschichte der Ruhrchemie AG in Oberhausen-Holten. Mehr als 6.000 Fotos aus der Unternehmensgeschichte der Ruhrchemie (heute: Oxea, Werk Ruhrchemie) und der noch umfangreichere Fotobestand des Betriebsrates kamen als Schenkung an das LVR Industriemuseum, darunter Aufnahmen so namhafter Fotografen wie Albert Renger-Patzsch, Robert Häusser oder Karl Hugo Schmölz.
Albert Renger-Patzsch, Ruhrchemie AG, Oberhausen, 1938
Seit seiner Gründung hat das LVR-Industriemuseum noch viele weitere interessante Fotobestände erwerben können. Exemplarisch genannt seien hier nur einige Bildstrecken und Nachlässe:
Den Niederrhein und das Ruhrgebiet in den 1920er und 1930er Jahren zeigt der fotografische Nachlass von Anne Winterer, die in dieser Zeit mit ihrer Schülerin Erna Hehmke ein Fotoatelier in Düsseldorf betrieb.
Anne Winterer, Taubenzüchter, Jahrmarkt, 1920/30er Jahre
Das Ruhrgebiet in den 1960er Jahren - nach Beginn der Bergbaukrise, aber vor dem Strukturwandel - zeigt eine Bilderserie des in Düsseldorf lebenden Steinert-Schülers Walter Vogel.
Walter Vogel, Gelsenkirchen 1965
Der fotografische Nachlass von Hans Ahlborn wiederum, der 1968 zum Kreativ-Team des jungen Westdeutschen Fernsehens stieß, kann als die dichteste visuelle Beschreibung der Arbeit in der Eisen-und Stahlindustrie des Ruhrgebiets in den Nachkriegsjahren überhaupt gelten. Als Bildredakteur beim Bochumer Verein und bei der Ruhrstahl AG war Ahlborn ein teilnehmender Beobachter und analytisch vorgehender Reporter, der hier über ein ganzes Jahrzehnt, von 1953 bis 1963, die Arbeitswirklichkeit in allen Facetten ausleuchtete.
Hans Ahlborn, Arbeitergruppe, Schweißer im Apparatebau, Henrichshütte Hattingen, zwischen 1956 und 1962
Als ein Schatz in der Fotosammlung muss schließlich auch der Nachlass der Mülheimer Fotografin Evelyn Serwotke gelten. Als eine der wenigen Fotografinnen in der Männerwelt des Bergbaus verzeichnete sie in pathosfreier, gleichwohl beeindruckender Architekturfotografie viele Jahre lang den Neubau von Schächten und das Auffahren neuer Strecken und schuf ungesehene Bildzeugnisse von bergbaulicher Tätigkeit und von fremdartigen Untertagebauten.
Evelyn Serwotke, U-Bahn Bochum, 1978 und Zeche Polsum, 1980