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Grafik Industrieanlage

Korbkinderwagen

um 1900

Schräg stehender Korbkinderwagen mit Eisenrädern

Korbkinderwagen, um 1900, Eisen, Leder, Holz, Weidengeflecht, 103 x 58 x 118 cm, Inv.-Nr.: rz 99/500 © LVR-Industriemuseum, Foto: Tanita Dreßen

In der modernen Industriegesellschaft entwickelte sich aus dem Stubenwagen der Kinderwagen. Das Spazierenfahren an der frischen Luft wurde zum täglichen Ritual vieler Kinder.


Die Entwicklung vom Stubenwagen zum Kinderwagen ging mit dem Automobilbau einher. Wie bei einem Auto hat er ein gefedertes Fahrgestell zur Schwingungsdämpfung und einen Aufbau mit Sitz- oder Liegemöglichkeiten für das Kind. Der Kinderwagen war lange Zeit ein halbindustrielles Produkt. Während das Chassis schon früh zu den Industrieerzeugnissen zählte, basierte der Aufbau, ein Korb aus Weidengeflecht, auf handwerklicher Arbeit. Die Innenausstattung bestimmte der „Fahrzeughalter“ selbst. Sie bestand aus einer Matratze, Kopfkissen und Decke.


Der Hersteller des Korbkinderwagens ist unbekannt, ähnelt aber dem Reform-Kinderwagen der Firma Naether in Zeitz. Naether begründete die Kinderwagenindustrie in Deutschland. Mitte des 19. Jahrhunderts übernahm Ernst Albert Naether die Stellmacherei seines Vaters und stellte neben Kutschen, auch Schlitten und hölzerne Fahrgestelle für Kinderziehwagen her. Schon bald konnte er die Fertigung von Kinderwagen ausbauen und sein Produkt in anderen Ländern absetzen. Für den „Reform-Kinderwagen“ von 1896 warb er bereits in sechs Sprachen. Dieser wurde in Naether`s Katalog explizit für den „Massenconsum“ zu einem Preis von 30 bis 33 Mark angeboten.


Der „Reform-Kinderwagen“ des Museums hatte ein weiß lackiertes Fahrgestell aus Eisen, bevor er restauriert wurde und die schwarze Farbe zum Vorschein kam. Das Weidengeflecht ist beige und hat Holzperlen am oberen und unteren Rand eingeflochten. Der Griff ist aus Porzellan und das Klappdach aus Leder. Der Korb ist innen mit braunem Stoff ausgeschlagen. Das Chassis hat zwei große und zwei kleinere Räder, die die Federung bei Unebenheiten auf den meist unbefestigten oder Kopfsteinpflasterstraßen unterstützen sollten. Die dynamische Federung ist dem Kutschenbau entlehnt.


Die Kinderwagen um 1900 waren recht hoch, einerseits, damit sich die Mutter oder das Kindermädchen gut zum Kind herüber beugen konnte, andererseits wegen der Konstruktion mit hohen Rädern. Seit den 1920er Jahren wurde das Eisengestellt durch ein Stahlgestell ersetzt und die Räder wurden kleiner.


Weitere Informationen zum Ausstellungsprojekt „1914 – Mitten in Europa“


Regina Weber


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