Foto "Kirmes auf der Düsseldorf-Oberkasseler Rheinwiese", um 1933, Barytpapier, 19,2 x 16 cm und 20 x 17 cm, Inv.-Nr.: rz 04/464 und rz 04/465 © LVR-Industriemuseum, Foto: Anne Winterer
Hoch konzentriert und sehr entschlossen pustet ein Kind einen Luftballon auf. Wenige Momente später hängt der Ballon luftleer herab, das Kind schaut regelrecht resigniert. Die Bilder entlocken dem Betrachter ein Schmunzeln, machen sich aber nicht über das Kind lustig. Anne Winterer gelang es damit, das alltägliche Problem eines Kindes vielschichtig einzufangen.
Die 1894 geborene Anne Winterer begann ihre Ausbildung zur Fotografin 1912 in ihrer Heimatstadt Konstanz. Drei Jahre später schloss sie diese erfolgreich ab und ging kurz darauf nach Düsseldorf. Dort arbeitete sie zwei Jahre lang in einem auf Industrie- und Architekturfotografie spezialisierten Atelier, bevor sie 1917 die Herstellung von Porträtaufnahmen im Atelier von Constantin Luck übernahm. Dieser lobte sie auf ihrem Zeugnis besonders für ihre meisterhaften Kinderporträts.
Als in den 1920er Jahren die Nachfrage nach Bildern immer weiter stieg, eröffnete sich die Fotografie auch als Berufsfeld für Frauen. In ähnlicher Weise wie Tätigkeiten im Gesundheitswesen wurden Porträt- und Personenfotografie, insbesondere von Kindern, dem Lebensbereich Familie zugeordnet, sodass sich der Beruf der Fotografin rasch zu einem gesellschaftlich akzeptierten Modeberuf entwickelte. Gleichzeitig arbeiteten Frauen daran, ihre Kompetenzen auszubauen. Sie eröffneten Ateliers, stellten ihre Fotografien aus und vermittelten anderen ihr Wissen. So auch Winterer. Nachdem sie vermutlich zwischen 1919 und 1925 ihre Meisterprüfung abgelegt hatte, eröffnete sie zusammen mit der elf Jahre jüngeren Erna Hehmke die „Lichtbildwerkstatt Hehmke-Winterer“ in Düsseldorf. Hehmke, nach ihrer Heirat Wagner-Hehmke, ging zunächst bei Winterer in die Lehre. Beide waren erfolgreich in der Industrie- und Unternehmensfotografie tätig.
Kinder blieben für Winterer weiterhin ein beliebtes Motiv. Zu den inszenierten Atelieraufnahmen kamen später auch spontane Schnappschüsse von Kindern in ihrem alltäglichen Umfeld. Daraus entstand manchmal auch Unerwartetes. Vermutlich unabsichtlich porträtierte sich Winterer im ersten Foto durch die Spiegelung im dunklen Ballon selbst und hinterließ so eine ganz persönliche Signatur.
Thea Schneider
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