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Spazierstock mit Adlerkopf

1890 - 1910

Schwarzer Spazierstock mit braunem Adlerkopf

Spazierstock mit Adlerkopf, 1890 -1910, Holz, Silber, Glas, 89 x 12 x 3 cm, Inv.-Nr.: rz 10/281.13 © LVR-Industriemuseum, Foto: Jürgen Hoffmann

Ob beim Flanieren auf der Straße oder beim Picknick im Grünen, der Spazierstock zählte für Damen und Herren zum unerlässliches Accessoire. Denn der Spazierstock war der Inbegriff der arbeitsfreien Zeit.


Spazieren gehen war zunächst ein Privileg des Adels bis auch wohlhabende Bürger im 19. Jahrhundert dieser Beschäftigung nachgingen. Um 1900 eroberte dann der Flaneur die Straße. Allein und ohne konkretes Ziel unterwegs, war er ein Symbol von Modernität im urbanen Raum. Flanieren war „Männersache“, für Frauen war das nicht möglich. Sie mussten ein konkretes Ziel vorgeben, um ihrem Ruf nicht zu schaden.


Frauen gingen mit Schirm und seltener mit Stock in Begleitung von Verwandten und Freundinnen im Park spazieren oder schlenderten zum Einkaufen durch die städtischen Straßen. Ein weiterer Unterschied bestand zwischen Bürgerinnen und Proletarierinnen. Für Arbeiterfrauen bedeutet freie Zeit, Zeit für andere Dinge zu haben. Sie erledigten häufig Näh- und Stopfarbeiten, um zusätzlich Geld für die Haushaltskasse zu verdienen. Flanieren setzte ein Maß an unbestimmter Freizeit voraus.


Vornehme Herren trugen Stock als filigrane Stütze und um die optische Erscheinung des Trägers durch eine elegante Körperhaltung zu unterstützen. Entsprechend der finanziellen Möglichkeiten war der Stock mit edlen Materialien ausgestattet und kunstvoll gestaltet.


Der Stock im LVR-Industriemuseum ist aus edlem Holz und hat einen geschnitzten Adlerkopf mit filigranen Silbereinlagen als Griff. Um das Glasauge des Adlerkopfes ranken Blätterzweige aus Silber. Auch der Schnabel hat eine Silbereinlage. Tierköpfe als Griff kamen im Jugendstil in Mode.


Der Adler gilt schon in der Antike als Zeichen der Göttlichkeit, Herrschaft und Macht. Er symbolisiert unter anderem Mut, Weitblick, Kraft, Ausdauer und Freiheit, Eigenschaften, die auf einen gut situierten, unternehmerischen und selbstbewussten Bürger verweisen.


Der Stock soll nach bisherigen Erkenntnissen aus dem Besitz der Unternehmerfamilie der Firma „Pfeilring-Werk Müller & Schmidt“ aus Solingen stammen. Auf dem Silberring zwischen Griff und Schuss, wie der untere Teil eines Spazierstockes genannt wird, sind jedoch Initialen eingraviert, denen sich kein Familienmitglied zuordnen lässt. Sie zeigen zwei „W´s“, die in sich verschlungen sind. Vielleicht deuten sie auf einen unbekannten Schnitzkunsthandwerker hin.


Weitere Informationen zum Projekt 1914 – Mitten in Europa


Regina Weber


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