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Grafik Industrieanlage

Damenbinde „Camelia“

1928

Graue Papierverpackung mit einem Frauenporträt drauf. Daneben eine Binde.

Reform-Damenbinde „Camelia Special“, Packung mit 5 Damenbinden, Vereinigte Papierwerke AG, Nürnberg, 1928, Karton, Papier, Viskose, Kunstfaser, 33 x 11 x 9 cm (Karton), 23 x 11 x 2cm (Binde), Inv.-Nr.: rz 19/1 © LVR-Industriemuseum, Foto: Jürgen Hoffmann

Die Vereinigten Papierwerke Nürnberg der Brüder Oskar und Emil Rosenfelder stellten ab 1926 die erste Einwegbinde in Deutschland her.

Offene Bindenpackung mit Frauenporträt auf der grauen Verpackung

Die „Camelia“-Damenbinde bestand aus dem seinerzeit noch neuen Werkstoff Zellstoff. Die Eigenschaften der Zellwolle, ihre Weichheit, ihre Fähigkeit, viel Feuchtigkeit in die Faser aufnehmen zu können, sich dabei aber trocken anzufühlen und formstabil zu bleiben, prädestinierte sie für die Anwendung im Hygienebereich.


Vor der Einführung der Reform-Damenbinde „Camelia“ trugen Frauen während ihrer Periode oft ein langes Unterhemd, das zwischen den Beinen durchgezogen und im Bund befestigt wurde und das Blut aufnahm. Erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts stellten Frauenärzte in ihren Aufklärungsschriften die ersten Menstruationsgürtel und Unterhosen mit Binden aus Jute, Holzwolle oder Moos vor. Letztere waren jedoch weder besonders saugfähig noch angenehm zu tragen und zudem für die meisten Frauen zu teuer. Deshalb benutzten diese bis in die 1930er Jahre meist selbstgefertigte Binden aus Stoffresten oder Strickbinden, die eingeweicht, ausgekocht und so erneut verwendet werden konnten.


Die zeitaufwendige Wiederverwendung entsprach nicht mehr der zunehmenden Berufstätigkeit der Frauen außerhalb des eigenen Hauses. Ein Wegwerfartikel kam daher den neuen Lebensumständen deutlich entgegen.


Eine neuartige Werbestrategie eröffnete dem neuen Markenartikel „Camelia“ einen großen Absatzmarkt. Wurden Binden vor Einführung der „Camelia“ stets sehr diskret und nur als Hygieneartikel umschrieben, so war die neue „Camelia“-Werbung modern und offensiv. Zu der Werbestrategie gehörte auch ein innovativer Verkaufsweg. Da der Grund für den Gebrauch der Binden nach wie vor tabuisiert war, war deren Einkauf problematisch: In den Drogerien gab es noch keine Selbstbedienung, und das Unaussprechliche konnte nicht benannt werden. Die Lösung waren kleine Zettel in allen „Camelia“-Verpackungen mit dem Hinweis für das Verkaufspersonal: „Bitte, geben Sie mir eine diskret verpackte Camelia Schachtel.“


Weitere Informationen zur Ausstellung „nützlich & schön. Produktdesign 1920 bis 1940“


Autorin: Claudia Grohmann


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