Logo LVR - Qualität für Menschen
Grafik Industrieanlage

Herrenfreizeitjacke aus Trevira

1967 – 1969

Beige Jacke für Männer an einer Figurine

Herrenfreizeitjacke, 1967 - 1969, Kammgarn Trevira mit Schurwolle, 73 x 60 cm, Inv.-Nr.: ra 00/117 © LVR-Industriemuseum, Foto: Jürgen Hoffmann

Spießig? Hausbacken? So mögen viele denken und doch ist die Jacke ein Indiz für einen Bekleidungswandel der älteren Generation in den 1960er Jahren.


Die hüftlange, locker geschnittene Herrenjacke ist aus beigem, leicht meliertem Stoff gearbeitet. Kragen und Bündchen sind, typisch für die Zeit, aus Strick in ähnlicher Farbe. Was heute altmodisch scheint, war damals sehr modern. Das wird deutlich, wenn man sich klarmacht, was die ältere Generation zuvor getragen hat. Wie sah üblicherweise ihre Kleidung aus?


Fotos aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts bis in die 1960er Jahre zeigen ältere Männer in dunkler, oft schwarzer Kleidung. Das überrascht wenig, denn mit Beginn des bürgerlichen Zeitalters um 1800 hatte sich die Männerkleidung stark verdunkelt und so blieb sie bis in die 1960er Jahre: Schwarz oder alle Schattierungen von Blau, Grau, Braun oder auch mal ein Dunkelgrün waren die gängigen Farbtöne. Farbtupfer oder helle Flecken bildeten Hemd, Krawatte, Einstecktücher oder auch mal eine aufgehellte Weste. Freizeitkleidung durfte allerdings immer auch heller ausfallen. Aber die trug ein älterer Herr nicht. Sie war mit seiner Würde nicht vereinbar. Ausnahmen gab es immer, vor allem in den wohlhabenderen Schichten.


Als in den 1960er Jahren die Herrenmode legerer wurde, mehr Farbe und helle Töne zuließ, passten sich auch die Älteren an. Das Alter hatte seine maßgebliche Bedeutung und Deutungshoheit verloren und gab sich dem Druck, der von dem neuen Leitbild der Jugendlichkeit ausging, geschlagen. Auch die „Alten“ wollten jetzt jung sein und auch so aussehen. Und sie wollten die neuen Möglichkeiten nutzen, die sich ihnen boten: zum einen weil sich die Lebensdauer verlängerte, zum anderen weil eine sichere Rente mehr finanzielle Spielräume bot. Entsprechend passten sie ihren Kleidungsstil an, Männer wie Frauen. Als jung und frisch für Ältere gilt bis heute eine neue Farbpalette vorwiegend aus hellen Beige- und Grautönen, woraus sich dann die, etwas respektlose, Bezeichnung einer ganzen Generation ableitete: die Grau-Beigen.


Weitere Informationen zum Ausstellungsprojekt „Mode 68 – Mini, sexy, provokant“


Christiane Syré


Hat Ihnen das Objekt gefallen? Haben Sie weitere Informationen für uns oder eine Geschichte darüber zu erzählen?

Dann schreiben Sie an !