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Grafik Industrieanlage

Erstlings-Garn

1940 - 1945

Hellblaues und rosa Garn, mit Papier umwickelt

Erstlings-Garn, Ermen & Engels, Engelskirchen, 1940 - 1945, Baumwolle und Papier, 4 x 5 x 16 cm, Inv.-Nr.: ek 04/42 (Rosa), ek 04/20 (Hellblau) © LVR-Industriemuseum, Foto: Jürgen Hoffmann

Das Erstlings-Garn erfüllte besondere Ansprüche, die an Textilien für Säuglinge gestellt werden. Im Zweiten Weltkrieg durfte das Garn nur nach Vorlage der Säuglings- oder Kleinkinderkleiderkarte abgegeben werden.


Das Erstlings-Garn der Firma Ermen & Engels besteht aus reiner, weicher Baumwolle. Beinahe so auffällig wie das Firmenlogo ist auf der Rückseite des Etiketts das Warenzeichen „Indanthren“, ein licht-, wasch- und wetterechter Farbstoff. Auf der Suche nach einem farbbeständigen Ersatz für das pflanzliche Indigo, entdeckte der Chemiker René Bohn in der BASF 1901 den synthetischen Farbstoff Indanthron-Blau. Schon bald konnte er sein farbstoffchemisches Verfahren auf alle Farben übertragen.


Auf dem Etikett wird außerdem darauf hingewiesen, dass das Garn „nur gegen Punkte und Abschnitte der Säuglings- oder Kleinkinderkleiderkarte“ abgegeben werden durfte. Die Docken, die in Strängen gedrehten Garnbündel, wurden während des Zweiten Weltkriegs oder unmittelbar danach gefertigt, wie die Aufschrift über dem Firmenlogo von Ermen & Engels auf der Vorderseite des Etiketts verrät. Im Nationalsozialismus wurde die Zuteilung von Bekleidung und Textilien an die Bevölkerung rationiert und erfolgte seit 1939 nur noch über Reichskleiderkarten sowie Säuglings- und Kleinkinderkleiderkarten. Je nach Wert des Produkts musste eine unterschiedliche Anzahl an Punkten eingetauscht werden. Im Fall des Erstlingsgarns waren es vier Punkte pro 100 Gramm.


Neben dem Etikett fällt auch die Farbgebung der Wolle auf, die sofort eindeutige Assoziationen hervorruft: Rosa für die Mädchen, Blau für die Jungen. Diese Zuteilung wird gerne mit einer natürlichen geschlechtsabhängigen Farbpräferenz oder mit einer langen Tradition begründet. Eine biologisch vorprogrammierte Vorliebe für Rosa oder Blau ist jedoch nicht belegt. Vielmehr hängt die Zuschreibung von Farben von der jeweiligen gesellschaftlichen Einordnung ab. Dies kann sich auch ändern, wie dieses Beispiel zeigt: Lange war es in sogenannten „westlichen Gesellschaften“ nicht üblich, das Geschlecht von Säuglingen durch bestimmte Farben zu kennzeichnen. Vielmehr wurde Weiß bevorzugt. Das Kenntlichmachen des Geschlechts anhand der Kleidungsfarbe kam erst im späten 19. Jahrhundert auf. Rosa galt als „kleines Rot“ für Jungen, weil Rot für scheinbar männliche Eigenschaften wie Entschlossenheit und Stärke stand. Blau hingegen ist in dieser Deutung eine anmutige, reine Farbe, die mit der heiligen Maria in Verbindung gebracht wird und deshalb als weibliche Farbe angesehen wurde. Teils wurde auch schon Rosa den Mädchen und Blau den Jungen zugeschrieben. Diese Farbcodierung setzte sich besonders in den USA zwischen den 1920er und 1950er Jahren durch und wurde durch die Verbreitung der amerikanischen Konsumkultur immer beliebter.


Laura Esser, Sophia Sökeland,


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