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Grafik Industrieanlage

Nähkästchen aus Pappe

um 1850

Nähkästchen aus Pappe, verziert mit bunten Brokatstoffen

Nähkästchen, um 1850, Papier, Pappe, Textil, Metallfäden, 8 x 13 x 9 cm, Inv.-Nr.: bg 94/528 © LVR-Industriemuseum, Foto: Jürgen Hoffmann

Nähen gehörte zu den typischen weiblichen Arbeiten. Noch bis nach dem Zweiten Weltkrieg war es üblich, Kleidung selbst herzustellen und zu flicken. Denn Kleider waren teuer und rar. In keinem Haushalt durfte daher das Nähkästchen mit Nadel, Faden und Schere fehlen. Das Flicken war eine abendliche Beschäftigung von Frauen. Die Fertigkeiten wurden traditionell über Mütter, Großmütter oder Tanten weitergegeben.


Im Zuge der zunehmenden Industrialisierung trieb insbesondere die Kirchen, aber auch Arbeiterbildungsvereine die Sorge um, dass diese handwerklichen Fähigkeiten bei jungen Fabrikarbeiterinnen verloren gehen könnten. So wurden regelmäßig Näh- und Handarbeitskurse für junge Frauen angeboten. Und in der Schule lernten Mädchen vom sechsten Lebensjahr an zu nähen.


Das Nähkästchen aus den 1850er Jahren könnte viel erzählen. Zunächst einmal besteht es aus einem ungewöhnlichen Material, nämlich aus Pappe, verziert mit bunten Brokatstoffen. Auf der Oberseite befindet sich das Nadelkissen und an der Unterseite ist es beklebt mit handgeschöpftem Papier. Die Besitzerin dürfte kaum über größere Reichtümer verfügt haben, denn üblicherweise waren Nähkästchen größer und stattlicher.


Heute sind Nähkästchen nur noch selten in Gebrauch. Lediglich die Frage „Kannst du mir mal eben einen Knopf annähen?“ hört man noch. Socken stopfen, Risse und Löcher flicken, aus alten Kleidern neue machen oder sogar Kleidung selber nähen ist aus der Mode gekommen und lohnt sich auch nicht mehr. Neue Kleidung lässt sich meist billiger erwerben, als alte Kleidungsstücke zeitaufwendig in Stand zu setzen. Nur für wenige Frauen ist Nähen noch ein Hobby. Lediglich als kleines Reise-Nähetui für Notfälle findet sich das „Nähkästchen“ in vielen Urlaubskoffern.


Beatrix Commandeur


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