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Lebensmittelausweis eines Bergmanns

1919

Ein Lebensmittelausweis von 1919

Lebensmittelausweis eines Bergmanns, 1919, Papier, 21,3 x 14 cm, Inv.-Nr.: ob 92/424 © LVR-Industriemuseum, Foto: Jürgen Hoffmann

Auch nach dem Ersten Weltkrieg steuerte der Staat die Lebensmittelversorgung. Durch die Herausgabe von Marken wurden Lebensmittel rationiert.

Innenseite eines Lebensmittelausweises von 1919

Hungersnöte und der sogenannte „Kohlrübenwinter“ 1916/17 bestimmten die Kriegserfahrung an der Heimatfront. Die Bedürfnisse der Bevölkerung wurden hinter die Anforderungen des Krieges gestellt und Lebensmittel vorrangig dem Heer an der Front zugeteilt. Schon 1915 wurden erste Brotmarken über die Kommunen ausgegeben, dann auch für Milch, Fleisch etc. Doch die Marken garantierten nicht den Erhalt von Lebensmitteln.


Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs belasteten die Kriegsfolgen vor allem den Bergbau. Die Reparationszahlungen an die Alliierten erforderten die Erhöhung der Mann-Schichtleistung, gleichzeitig fehlten die technische Ausstattung und eine gute Lebensmittelversorgung der Bergleute. Um die Verträge mit den Alliierten erfüllen zu können, wurde in der Konferenz von Spa 1920 mit Vertretern der Alliierten sowie der deutschen Regierung die Herabsetzung der Kohlelieferungen und eine bessere Lebensmittelversorgung der Bergleute beschlossen.


In dieser Zeit arbeiteten in der Zeche Radbod in Bockum-Hövel, heute Hamm, mehr als 4.300 Bergleute, die auf eine Verbesserung ihrer sozialen Lage hoffen durften. Die Zeche hatte in der Nachkriegszeit aufgrund der Inflation mit erheblichen wirtschaftlichen Problemen zu kämpfen. 1919/20 war es daher zu einer Fusion des Betreibers, der Bergwerksgesellschaft Trier III, mit dem Köln-Neuessener-Bergwerksverein gekommen. Neben Koks, verkaufte die Zeche Nebenprodukte wie Teer und lieferte Gas an die Städte Münster und Hamm.


Die Zeche Radbod hatte eine eigene Lebensmittel-Verkaufsstelle für ihre Mitarbeiter. Jeder von ihnen erhielt einen nummerierten Ausweis. Der Besitzer der Nummer 2662 war Leopold Karn. Karn sorgte für einen Fünf-Personen-Haushalt und war seit 1910, dem Jahr seiner Hochzeit, in der Zeche Radbod als Bergmann beschäftigt. Laut seines Ausweises von 1919 waren an der Lebensmittel-Verkaufsstelle Erbsen, Graupen, Bohnen, Gemüse, Kaffee und Kaffee-Ersatz, Rübenkraut, Petroleum, Karbid, Benzol, Milch und Käse zu beziehen. Jedoch gibt eine Eintragung von Mitte Februar Auskunft darüber, dass Karn Roggen bekommen hatte, der jedoch nicht in der Auflistung erwähnt ist. Vermutlich konnten nicht immer alle Lebensmittel zur Verfügung gestellt werden, so dass das gerade Vorrätige angeboten wurde.


Die Versorgung durch den Arbeitgeber war jedoch ein Privileg, denn die Beschaffung auf dem Zechengelände ersparte Zeit und sicherte eine Grundversorgung, die sich ein Teil der Bevölkerung nur über den Schwarzmarkt ermöglichen konnte.


Weitere Informationen zum Ausstellungsprojekt „1914 – Mitten in Europa“


Klaus Pirke


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