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Zweite Reichskleiderkarte: Kundenausweis für Schuhausbesserungen, Paul Weber, Schuhmacher, Mannsgereuth, Wirtschaftsamt, Landkreis Lichtenfels, Trainau, Bayern, 1940 - 1941, Pappe, 15 x 10,5cm, Inv.-Nr.: ra 11/358 © LVR-Industriemuseum, Foto: Jürgen Hoffmann
Wenige Tage vor Beginn des Zweiten Weltkrieges führten die Nationalsozialisten Rationierungsmaßnahmen für Bekleidung ein. Ab diesem Zeitpunkt mussten viele Kleidungsstücke auf den Wirtschaftsämtern beantragt werden.
Im November 1939 wurde die Antragstellung durch die Reichskleiderkarte ersetzt, die jährlich neu und für unterschiedliche Verbrauchergruppen herausgegeben wurde. Fortan musste beim Kauf von Kleidung eine gewisse Anzahl an Punkten abgetreten werden. Die Gesamtanzahl der Punkte auf der Karte variierte nach Geschlecht und Lebensalter, die Zahl der beim Kauf abzugebenden Punkte je nach Kleidungsstück und Stoffqualität.
Die zweite Reichskleiderkarte für Frauen erforderte für eine ungefütterte Jacke in wollener Qualität 22, für dasselbe Stück aus Kunstseide oder Zellwolle hingegen nur 13 Punkte. Mit jeder Neuauflage änderten sich auch die Kataloge von Waren, die Kleiderkartenpunkte erforderten sowie die Menge der abzugebenden Punkte. Ein gutes Beispiel hierfür ist der Wintermantel für Männer: Bedurfte er zunächst eines separaten Bezugsscheines, war er ab der zweiten Reichskleiderkarte Ende 1940 für 120 Punkte zu haben – eine nicht unerhebliche Menge, wenn man bedenkt, dass die ganze Karte lediglich 150 Punkte aufwies. Dieser Wert sank mit der Einführung der dritten Reichskleiderkarte auf 90 Punkte.
Die Kleiderkarte beschränkte nicht nur den Konsum der im Dritten Reich erwünschten Mitglieder der Gesellschaft, sondern war zugleich ein Ausgrenzungsmechanismus für Unerwünschte: Juden waren vom Besitz einer Karte ausgeschlossen, „Fremdvölkische“ wie Polen bekamen eine eigene Kleiderkarte, einige Volksgruppen erhielten Reichskleiderkarten mit stark reduzierter Punktzahl. Das Regime reagierte oftmals auf Stimmungen innerhalb der Bevölkerung: So kam es Anfang 1940 zur Einführung der Säuglingskarte, da sich zuvor Beschwerden darüber gehäuft hatten, dass Säuglingskleidung – zuvor frei erhältlich – nur noch schwer zu kaufen sei. Zusätzlich zu den Hauptkarten gab das Regime auch weitere Karten zur Ergänzung des Textilbedarfs heraus, so zum Beispiel eine Zusatzkleiderkarte für Jugendliche, die Karte für Fliegergeschädigte oder Trauerkleidung.
Weitere Informationen zum Ausstellungsprojekt „Glanz und Grauen - Mode im Dritten Reich“
Nils Bennemann
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