Storchenschere (Handarbeitsschere), Emil Weck, Solingen, 1988, Stahl, 11,5 x 4 cm, Inv.-Nr.: sg 89/14.27 © LVR-Industriemuseum, Foto: Jürgen Hoffmann
Handarbeits- bzw. Stickscheren in Gestalt eines Storches werden bis heute hergestellt. Ihre ungewöhnliche nostalgische Form spricht viele Menschen an. Im Museumsshop des LVR-Industriemuseums Solingen gehört diese Schere zu den Verkaufsschlagern.
Das Besondere an der Storchenschere ist die gelungene Umsetzung einer organischen Form, eines Lebewesens in einen Gebrauchsgegenstand. Der Storch bot eine ideale Vorlage. Sein langer, gerader und spitzer Schnabel und die typische Haltung des Vogels mit dem hoch aufgereckten Hals und Schnabel, bevor er anfängt zu klappern, ließ sich nahezu perfekt mit der Funktion einer Schere verbinden.
Als Mitte des 18. Jahrhunderts der Rokokostil die bislang übliche Symmetrie in Frage stellte, wurden erstmals auch asymmetrische Scherenformen hergestellt. Der Storch galt darüber hinaus als Glücksbringer, nicht zuletzt weil ihn der Volksglaube mit dem Kindersegen in Verbindung brachte. Im Laufe des 18. Jahrhunderts wurde es Brauch, Wöchnerinnen eine silberne Klemme in Gestalt eines Storches zu schenken. Der Weg von den Klemmen zu den Scheren war nicht weit. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts boten die Scherenhersteller weltweit Storchenscheren in zahlreichen Ausführungen an.
Im Zuge der Industrialisierung wurden Storchenscheren im Gesenk hergestellt. Dabei löste sich der Gegenstand von seiner symbolischen Bedeutung und verselbstständigte sich zur Handarbeits- bzw. Stickschere.
Dagmar Thiemler
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