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Grafik Industrieanlage

Hutnadeln

um 1900

Das Bild zeigt viele kunstvolle Hutnadeln, die wie ein Fächer aufgereiht sind.

Hutnadeln, um 1900, Metall, Glas, 24 x 3 cm, Inv.-Nr.: ra 02/468 © LVR-Industriemuseum, Foto: Jürgen Hoffmann

Große Hüte, befestigt mit Hutnadeln, stehen für den Typ der mondänen Frau in der Epoche des Kaiserreichs. Mit der Einführung neuer Verkehrsmittel wurden die Hutnadeln zu einer Gefahr für die Mitmenschen.


Um die Jahrhundertwende waren große Frauenhüte Modetrend im Deutschen Reich. Sie fanden schnell Eingang in die Kleiderschränke des Bürgertums. Das Besondere dieser Mode war, dass die ausladenden Hüte nur mit Hutnadeln tragbar waren, da sie sonst zu leicht verrutschten oder gar herabfielen. Aber: Frauen konnten diese Wagenradhüte nur dann tragen, solange sie nicht mit anderen Personen in engen Kontakt kamen. Denn sonst kam die negative Seite einer Hutnadel zum Tragen: Sie sticht.


Zur gleichen Zeit, als die neue Hutmode populär wurde, eröffneten die Kommunen ein Netz von Straßenbahnlinien. Zu ihren Beförderungsbestimmungen gehörte, die Mitfahrer nicht zu verletzen oder zu belästigen. Genau an dieser Stelle kollidierte die neue Hutmode mit den Anforderungen der modernen Infrastruktur. Das Fahren gedrängt auf engem Raum zwang Frauen zum Tragen von kleineren, weniger „gefährlichen“ Hüten. Denn das Risiko war zu groß, dass durch die notwendigen Hutnadeln, die erst für den Halt des repräsentativen Kopfschmucks sorgten, die Mitfahrer verletzt werden würden. Aufgrund von Unfällen mit den „dolchartigen“ Nadeln kam es zum Verbot von Hüten mit Hutnadeln in öffentlichen Verkehrsmitteln.


Der „Hutnadelstreit“ eskalierte zu Beginn der 1910er Jahre, als gut situierte Frauen mit der Macht ihrer Männer drohten, falls die Schaffner auf ihrem Verbot bestehen würden. Diese blieben bei ihrer Linie und verwiesen die Fahrgäste, die die Hutnadeln nicht entfernten, aus dem Wagen. Im Düsseldorfer General-Anzeiger erschien am 20. Oktober 1912 der Artikel „Der Hutnadelkrieg“, in dem von „Nadelsünderinnen“ gesprochen wird, die auf die Forderungen des Schaffners mit einer tiefen Form von persönlicher Kränkung reagierten.


Weitere Informationen zum Ausstellungsprojekt „Die Macht der Mode – Zwischen Kaiserreich, Weltkrieg und Republik“


Axel Heimsoth


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