Seit weit über hundert Jahren werden in der Gesenkschmiede Hendrichs Scheren gefertigt. Die Museumsbesucher können noch heute den Herstellungsprozess hautnah verfolgen. Im Laufe der langen Firmengeschichte wurden etwa 2000 verschiedene Scherenmodelle gefertigt. Kaum ein Ort könnte demnach besser geeignet sein, sich mit Scherengeschichte(n) zu beschäftigen.
Unsere modernen Scheren sind in der Regel Gelenkscheren. Sie bestehen aus zwei separaten Scherenhälften, die in der Mitte zusammengeschraubt sind. Bis weit ins 17. Jahrhundert hinein war dagegen die Bügelschere die gängigere Form. Ihre Klingen werden mit einem federnden Bügel in U- oder Omegaform zusammengehalten.
Für eine ganze Reihe von Kulturtechniken spielt die Schere eine nicht zu unterschätzende Rolle. So ist etwa der Wandel der menschlichen Bekleidung, die Mode als Inszenierung von Standeszugehörigkeit, Reichtum oder auch Individualität ohne die Scheren kaum denkbar. Das Schneiden von Stoffen gehört mit zu den ältesten Anwendungsgebieten.
Eine Handarbeits- oder Nähschere, eine Stickschere, vielleicht auch eine größere Stoffschere werden sich in vielen Haushalten finden. Die Bandbreite der Scheren für Textilien geht aber weit über dieses Grundsortiment hinaus. Neben klassischen Stoffen und Garnen durchtrennen Textilscheren heute auch technische Materialien wie etwa Goretex oder Kevlar, ein Gewebe, das u.a. für schussfeste Westen verwendet wird.
Schon in der Antike gibt es Zeugnisse dafür, dass Sklaven mithilfe von Scheren für das gut gestutzte Haupthaar oder den Bart ihrer Herren sorgten. Heute zeugen gerade die Friseurscheren von dem Streben ein seit über 2000 Jahren bekanntes Werkzeug immer noch zu verbessern. Haarscheren für den gewerblichen Bereich sind mittlerweile absolute High-Tech-Produkte. Seit den 1970er Jahren wurde hier viel experimentiert, um einen immer exakteren Schnitt und optimierte Arbeitsgeräte für ein möglichst entspanntes und ermüdungsfreies Arbeiten zu erreichen.
Die Geschichte des Gartenbaus und der Gartengeräte ist einige tausend Jahre alt. Scheren für den Gartenbau gab es allerdings noch nicht. Erst als die Gartenarchitektur der Renaissance Hecken und Formbäume in Mode brachte, wurden Scheren für den flächigen Schnitt entwickelt. Die ersten Abbildungen von Heckenscheren finden sich in Gartenbüchern des 17. Jahrhunderts. Es sollte jedoch noch bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts dauern bis der französische Marquis Bertrand de Molleville die Gartenschere erfand. Sie wurde 1819 erstmals in einem Gartenhandbuch beschrieben. Die praktischen Baum-, Rosen- und Rebenscheren erleichterten die Arbeit des Gehölzschnitts in Obst-, Garten- und Weinbau erheblich.
Scheren schneiden Haare oder Leder, feine Seidenstoffe oder Bleche, Papier oder Äste. Es sind alltägliche Gebrauchsgeräte, spezialisierte Handwerkszeuge, Designobjekte oder auch mit hohem Symbolwert aufgeladene Erinnerungsstücke. An zehn Stationen erhielten die Besucher*innen einen Einblick in die mannigfachen Anwendungen und die Formenvielfalt von Scheren.
Zu tun gab es natürlich auch einiges. So freute sich Elmo, wenn man ihm die Haare schnitt, aber er war pingelig: „nur die Spitzen!“ Beim Quiz konnte man sein Wissen über die Schere prüfen, aber Vorsicht, hier war nicht alles ernst gemeint. Wer sich künstlerisch betätigen mochte, konnte mit dem Scherenschnitt experimentieren. Ob Lesezeichen, verrückte Frisuren für ein Selfie oder gar ein Scherenschnittporträt, einfach losschneiden. Und natürlich gab es auch eine „Probierstation“ zum Testen von Scheren. Spätestens hier merkte man, dass sich die Scheren längst nicht „über einen Kamm scheren lassen“.
Laufzeit: 11.2.2022 - 16.10.2022
LVR-Industriemuseum
Gesenkschmiede Hendrichs
Merscheider Straße 289 – 297
42699 Solingen