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Stilisierter Banner der Tuchfabrik Müller in Euskirchen.

Mythos Neue Frau

Mode zwischen Kaiserreich, Weltkrieg und Republik

Zwei bestickte Charlestonkleider an zwei Figurinen. Im Hintergrund eine schwarz weiß Fotografie einer Frau mit Bubikopf.

Der Bubikopf – die Kurzhaarfrisur galt als das Sinnbild schlechthin für die moderne Frau der 1920er Jahre. Die Ausstellung zeigte die Gründe für die Entstehung des Mythos „Neue Frau“ auf und stellte den Modewandel zu Beginn des 20. Jahrhunderts als Spiegel gesellschaftlicher Veränderungen vor.


Torso einer Figurine. Sie trägt ein orangenes Kleid. Im Hintergrund ist eine schwarz weiß Fotografie einer Frau, die versucht mit einem ausladenden Kleid in eine Straßenbahn zu steigen.

Schon vor dem Ersten Weltkrieg hielt eine nie gekannte Modernisierung aller Lebensbereiche die Gesellschaft in Atem. Straßenbahnen, Automobile und Fahrräder versprachen eine neue Form der Mobilität. Auch die Arbeitswelt war in den Strudel der rasanten Veränderungen einbezogen. Immer mehr Frauen arbeiteten nicht nur in den Fabriken, sondern auch in den Telefonzentralen, Kaufhäusern oder Büros, als Lehrerin oder Laborantin. Ob am Arbeitsplatz, beim Einstieg in die Straßenbahn oder auf der Rolltreppe im Warenhaus, die Frauen waren für die neuen Lebensumstände noch völlig unpassend angezogen. Die großen und einengenden Roben des Kaiserreichs passten nicht mehr in die modernisierte Welt, Kleidung musste funktionaler werden. Der Erste Weltkrieg erschütterte die Gesellschaft, er stellte die politischen Verhältnisse auf den Kopf und hatte ebenso seinen Anteil an den großen Veränderungen des Bekleidungsmusters. Er führte einerseits zum erzwungenen Konsumverzicht, andererseits zu einem neuen, puristischen Modestil. Auch nach dem Krieg blieb es bei dem sparsamen Einsatz von Stoff in der Modebranche und so avancierte das kleine, kurze Charlestonkleid zu einem modischen „must-have“.

Zwei Figurinen mit Damenbekleidung. Die Linke trägt einen sportlichen roten Pullover, die Rechte eine weiße Bluse.

Die Ausstellung zeigte, wie Mode und Kleidung in den ersten drei Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts auf die rasanten gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Veränderungen reagierten. Die Mode passte sich der sich wandelnden Gesellschaft an, fand neue Formen für einen vereinfachten Kleidungsstil, der den Anforderungen des modernen Lebens entsprach. Die alten Zöpfe wurden abgeschnitten. Frauen legten Korsett und mehrere Lagen Unterröcke ab, die Röcke wurden kürzer, die Stoffe leichter. Reißverschluss und Druckknöpfe ersetzten Haken und Ösen sowie lästige Schnürungen. Die Kleidung wurde zweckmäßiger, sachlicher und ließ ihren Trägerinnen und Trägern immer mehr Bewegungsfreiheit. Rationalisierung und Tempo, die Leitmotive der 1920er Jahre, spiegeln sich in der Kleidung der Frauen, Männer und Kinder wider.

Zwei Figurinen bekleidet mit schwarzen Charlestonkleidern.

Mehr als 130 Originalkostüme und viele weitere historische Exponate, Objekte aus dem Alltag sowie zahlreiche Fotografien und zeitgenössisches Filmmaterial ließen in der Ausstellung die Zeit zwischen 1900 und 1930 wieder lebendig werden. Die Klassiker der Mode der 1920er Jahre, der sogenannte ‚Stresemann‘ und Charlestonkleider, waren ebenso vertreten wie die Reformkleider der 1910er Jahre, Sportbekleidung für Frauen und ein ausgefallener Autofahrerinnen-Mantel.


Die Ausstellung entstand im LVR-Industriemuseum Textilfabrik Cromford in Kooperation mit dem LWL-Industriemuseum TextilWerk Bocholt und mit Unterstützung des Ruhr Museums Essen.


Zur Ausstellung ist ein Begleitkatalog zum Preis von 9,95 € erhältlich.


Laufzeit: 17.2.2019 - 17.11.2019

LVR-Industriemuseum
Tuchfabrik Müller
Carl-Koenen-Straße
53881 Euskirchen