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Kopierbuch der Tuchfabrik Müller, Papierhandlung Adolf Melder, Euskirchen, 1906, Papier, Pappe, Leinwand, 29 x 24 x 5 cm, Inv.-Nr.: eu fa/341 © LVR-Industriemuseum, Foto: Jürgen Hoffmann
Das Kopierbuch stammt aus dem Archiv der Tuchfabrik Müller in Euskirchen-Kuchenheim, das fast komplett für die Zeit von 1894 bis 1961 erhalten ist. Dieses Kopierbuch mit seinen 1000 Seiten aus zartem Seidenpapier dokumentiert die Geschäftskorrespondenz der Tuchfabrik – zum Teil mit der Hand, zum Teil mit der Maschine geschrieben – von März bis August 1906.
Das nahezu papierlose Büro gab es wohl nur zu Zeiten, als Kopierer, Laserdrucker und E-Mail-Verteiler noch nicht erfunden waren. Während bis weit ins 19. Jahrhundert hinein Briefe und Geschäftspapiere schlicht durch Abschriften – wie Weiland in den Schreibstuben der Klöster – kopiert wurden, kam Ende des 19. Jahrhunderts ein Verfahren auf, dass das Kopieren von Geschäftskorrespondenz erheblich vereinfachte.
Der Originalbogen wurde mit einem Kopierstift beschrieben oder mit einer speziellen Kopierfarbe per Schreibmaschine beschriftet. Auf dieses Original wurde ein befeuchtetes, transparentes Seidenpapier gelegt. Oben und unten fügte man eine Ölpappe bei und dann ging's ab in die schwere gusseiserne Kopierpresse: Die Feuchtigkeit löste die Kopiertinte, die ihrerseits während des Pressvorgangs einen Abdruck auf der Rückseite des Seidenpapiers hinterließ. Der kopierte Text war jetzt durch das transparente Seidenpapier hindurch lesbar, die Kopie fertig! Das Verfahren funktionierte nicht nur bei Einzelblättern, sondern auch in Büchern – so genannten Kopierbüchern.
Die großen handschriftlichen Zahlen verweisen auf Seiten, die weiteren Schriftverkehr mit dem Adressaten beinhalten. Bemerkenswert ist zudem, dass das Kopierverfahren so geschickt und sparsam gehandhabt wurde, dass drei verschiedene Briefe auf eine Seite des Kopierbuches passen. Die Kopierpresse der Firma Müller ist leider nicht mehr erhalten, dürfte aber ähnlich ausgesehen haben wie das Modell, das auf dem Vorsatzblatt dieses Kopierbuches abgebildet ist.
Detlef Stender
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