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Grafik Industrieanlage

Fabrikglocke

1989

Nachguss einer Fabrikglocke

Fabrikglocke, Nachguss, 1989 (Original 1412), Eisen, 50 x 70 x 40 cm, Inv.-Nr.: ra 92/442 © LVR-Industriemuseum, Foto: Jürgen Hoffmann

Jede Spinnerei nach Arkwrightschem Vorbild besaß eine Fabrikglocke, die den Beschäftigten den Arbeitsrhythmus im neuen Fabriksystem vorgab.


Johann Gottfried Brügelmann (1752-1802), der seine Ratinger Spinnerei nach dem englischen Vorbild in Cromford konzipiert und auch ebenso benannt hatte, übernahm auch dieses wichtige Detail. Die Cromforder Fabrikglocke in Ratingen, ein detailgetreuer Nachguss, erzählt nicht nur von der Geschichte der Arbeit, sondern von der politischen Geschichte zur Zeit der Fabrikgründung.


Die erste Fabrikglocke wurde 1808 durch eine Glocke aus dem Kloster Schleißheim bei München ersetzt. Das Großherzogtum Berg, in dem die Stadt Ratingen lag, gehörte seit 1777 zum Kurfürstentum Bayern. Um nach der Besetzung der linksrheinischen Territorien durch Frankreich neue Absatzmärkte zu finden, orientierte Brügelmann sich ab 1799 nach Bayern.


Im Zuge der bayrischen Säkularisierung 1802 erwarb er das ehemalige Franziskanerkloster Schleißheim bei München, um dort eine Maschinenspinnerei und eine Türkischrotfärberei einzurichten. Die Umwandlung von Kirchen und Fabriken war auch im Rheinland keine Seltenheit. Das Cromforder Zweigunternehmen bei München kam aber nicht recht in Schwung, so dass Brügelmanns Sohn Jakob Wilhelm die Immobilie 1808 mit 4.000 Gulden Gewinn wiederverkaufte.


Die Klosterglocke, die 1412 von Claes Sternberg gegossen worden war, wurde nun nach Ratingen gebracht. Fortan rief sie nicht mehr Mönche zum Beten und Arbeiten, sondern Arbeiter zum Arbeiten. Der Calvinist Brügelmann, der Arbeit als Gottesdienst empfand, hatte offensichtlich keine Bedenken, eine Klosterglocke zu rein profanen Zwecken zu nutzen.


Eckhard Bolenz


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