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Musterbuch der Firma Becker & Bernhard

1897 – 1914

Aufgeschlagenes Buch mit verschiedenfarbigen Stoffmustern

Stoffmusterbuch der Firma Becker & Bernhard, Langenfeld, 1897 – 1914, Papier, Stoff, 45 x 33 x 6 cm, Inv.-Nr.: ra 97/124 © LVR-Industriemuseum, Foto: Jürgen Hoffmann

Modische Wäsche und Heimtextilien waren für Frauen um 1900 beliebte Luxuswaren. Die Herstellung edler Spezialstoffe versprach daher für Unternehmen eine wachsende Rendite.


1897 gründeten August Bernhard und Carl Becker, vormals Baecker, im rheinischen Langenfeld die mechanische Weberei Becker & Bernhard. Carl Becker kannte August Bernhard vom gemeinsamen Besuch der Städtischen Webschule Mülheim bei Köln und brachte Erfahrungen in der Firmenleitung einer Weberei mit:


1877 eröffnete Ernst Wichelhaus in Richrath, heute Langenfeld, eine Kaschmir- und Zanella-Weberei. Zanella ist ein Baumwollstoff, der für Innenfutter und Schürzen verwendet wird. Schon drei Jahre später zog er in die Hitdorfer Straße in Langenfeld. Wichelhaus wurde zahlungsunfähig und übergab 1893 das Unternehmen seinem Schwager, den Tuchkaufmann Friedrich Robert Baecker. Baecker führte mit 18 Arbeitern eine Lohnweberei für Elberfelder und Barmer Unternehmen. Zwei Jahre nach der Übernahme der Firma wurde sein Sohn Carl Baecker Betriebsleiter. Dieser firmierte nun als Robert Baecker und produzierte wieder selbst Zanella.


Langenfeld war für die Textilindustrie in den 1860er Jahren ein beliebter alternativer Standort zu Barmen oder Elberfeld. Die Firmen Simons Erben, Neumann & Büren und die Brüder Theis waren bereits lange ansässig, bevor die Weberei Bernhard & Becker tätig wurde.


Um möglicher Konkurrenz aus dem Wege zu gehen, spezialisierte sich Bernhard & Becker auf Steppdeckensatins und Eisengarn-Gaze. Eisengarn ist ein veredeltes gezwirntes und mit Paraffinwachs überzogenes Baumwollgarn. Die Eisengarn-Gaze diente der Verstärkung von Damenröcken.


Das Stoffmusterbuch der Firma Bernhard & Becker zeigt Damaststoffmuster vor 1914. Es ist nur eines von über 2.400 Objekten, die das LVR-Industriemuseum bei der Schließung des Unternehmens aus dem Firmenarchiv übernommen hat. Der Bestand beinhaltet neben Musterbüchern und –karten auch Stoffballen. Das historische Schriftgut befindet sich heute im Rheinisch-Westfälischen Wirtschaftsarchiv in Köln. Mit der Archivierung und Deponierung des Firmenarchivs konnte eine über 70-jährige wechselvolle Firmengeschichte gerettet werden. Die Firma Bernhard & Becker ist ein Beispiel für die Textilindustrie in Deutschland, die zwei Weltkriege überstand, das Wirtschaftswunder erlebte und mit zunehmender Konkurrenz Absatzprobleme auf dem Weltmarkt hatte. Heute gibt es nur noch wenige Textilhersteller in Deutschland, die aufgrund ihrer Spezialisierung und reger Handelstätigkeit weiter bestehen.


Weitere Informationen zum Ausstellungsprojekt „1914 – Mitten in Europa“


Regina Weber


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