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Reaktordeckelsegment des Atomkraftwerks Würgassen

1970 - 1971

Deckelsegment aus Metall

Reaktordruckbehälterdeckelsegment des Atomkraftwerks Würgassen, Gutehoffnungshütte Oberhausen-Sterkrade / PreussenElektra Hannover, 1970 - 1971, Stahl, 60 x 268 x 232 cm (Behältersegment, Gewölbe), 77 x 175 x 102 cm (Behältersegment, Deckelrand), Inv.-Nr.: rz 17/215 © LVR-Industriemuseum, Foto: Jürgen Hoffmann

Bis in die 1980er Jahre stellte die Gutehoffnungshütte (GHH) Komponenten für Atomkraftwerke her. Der Reaktordruckbehälter für das AKW Würgassen ist ein letztes Relikt aus dem deutschen Atomzeitalter.


In Würgassen im Kreis Höxter eröffnete 1971 das einzige kommerzielle Atomkraftwerk in Nordrhein-Westfalen. Den Bau dieses AKWs finanzierte die Bundesregierung im Rahmen ihres dritten Atomprogramms 1968-1972. Er dauerte knapp vier Jahre. Generalunternehmer für den Bau des Siedewasserreaktors war die AEG. Sie beauftragte eine Reihe von Zulieferern aus der Rhein-Ruhr-Region. Das Herz des Reaktors, in dem die Kernspaltung stattfindet – den Reaktordruckbehälter – lieferte die GHH Oberhausen-Sterkrade. Sie gehörte bis in die 1980er Jahre zu den damals größten Herstellern für Kraftwerkskomponenten in Deutschland.


Mit der Atomenergie waren viele Hoffnungen verknüpft. Sie sollte den steigenden Energiehunger stillen und Unternehmen neue Absatzmärkte erschließen. Schon um 1960 ließ Firmenleiter Herrmann Reusch eine eigene kerntechnische Abteilung einrichten. Für den Bau der Kraftwerkskomponenten, wie Reaktordruckbehälter oder Dampferzeuger, war die Abteilung Apparatebau zuständig. Mit diesen beiden Abteilungen hätte die GHH theoretisch selbst ein komplettes Atomkraftwerk planen und bauen können.


1971, drei Jahre nach der ersten Teilerrichtungsgenehmigung durch die zuständige Landesbehörde in NRW, lieferte die GHH den Druckbehälter in Würgassen an. Der Deckel wurde in drei Teilen per Schiff vom Oberhausener Hafen am Rhein-Herne-Kanal über die Weser nach Würgassen transportiert. Allein der Deckel wog 74 Tonnen. Die letzten Kilometer brachten Lastwagen der Bundesbahn den Druckbehälter zu seinem endgültigen Standort.


1994 wurde das AKW Würgassen nach 23-jährigem Betrieb stillgelegt und bis 2014 rückgebaut. Ein Teilstück des Reaktordruckbehälters wurde dekontaminiert und auf dem Außengelände in Würgassen ausgestellt. 2017 übernahm das LVR-Industriemuseum das Reaktordeckelsegment und stellt es künftig in unmittelbarer Nähe des ehemaligen Produktionsstandortes der GHH aus.


Weitere Informationen zum Ausstellungsprojekt „Energiewenden – Wendezeiten“


Regina Weber


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