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Gesindebuch der Anna Grah

1914 – 1919

Doppleseite aus dem Gesindebuch der Anna Grah, es sind zwei Einträge vermerkt

Gesindebuch (Dienstbotenbuch) der Anna Grah, 1914 – 1919, Papier, 15 x 10 cm, Inv.-Nr.: sg dl 96/2 © LVR-Industriemuseum, Foto: Jürgen Hoffmann

Bis 1919 waren Dienstmädchen in Preußen aufgrund der Gesindeordnung von 1844 verpflichtet, Gesindedienstbücher zu führen. Wenn der Dienstbote oder das Dienstmädchen entlassen wurde, war der Dienstherr verpflichtet, dem Gesinde ein Arbeitszeugnis auszustellen. Die Einträge musste die zuständige Polizeibehörde beglaubigen.


„Anna Grah war fleißig, treu und zuverlässig, und kann ich Anna als sehr tüchtig empfehlen. Ihr Austritt erfolgt auf eigenen Wunsch.“ Mit diesem Eintrag in ihrem Dienstbuch verließ Anna Grah 1919 nach drei Jahren Dienstzeit den Haushalt des Solinger Unternehmers P.W. Hendrichs.


Anna Grah konnte mit ihrem Arbeitszeugnis zufrieden sein. Die Familie Hendrichs bescheinigte ihr all die Tugenden, die ein gutes Dienstmädchen im allgemeinen Verständnis auszeichnen sollten: Fleiß, Treue, Gehorsam, sittliches Betragen und Ehrlichkeit. Wandte sich ein Dienstmädchen jedoch an die Polizeibehörden, um mit dem Verweis auf die schlechte Behandlung durch die Herrschaft gegen ein schlechtes Zeugnis Einspruch zu erheben, war die Aussicht auf Erfolg ausgesprochen gering. Die rechtliche Stellung der Dienstboten war schwach. Selbst schwere Missstände wie unzureichende Ernährung, miserable, von Ungeziefer verseuchte Unterkünfte oder auch sexuelle Übergriffe durch die Hausherren oder deren Söhne wurden nur selten verfolgt.


Gleichzeitig waren die Anforderungen an die Dienstmädchen hoch: Kochen, Aufwartung, Wäschepflege, Putzen und vieles andere gehörten zu ihren Aufgaben. Die Arbeitszeit war nicht geregelt und die Freizeit beschränkte sich häufig auf jeden zweiten Sonntagnachmittag.


Dagmar Thiemler


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