Diktiergerät „Parlograph“, Carl Lindström AG, Berlin, um 1920, Pappe, Metall, Wachs, 95 x 40 x 45 cm, Inv. Nr.: bg 92/487
Rationalisierung war ein Schlüsselwort der 1920er Jahre. Industrieprodukte wurden immer schneller, mit immer weniger Arbeitskräften und in immer größeren Mengen gefertigt. Damit war auch ein Anstieg der Büro- und Verwaltungstätigkeiten verbunden. Zugleich hielten vermehrt Diktiergeräte Einzug in die Büros, die eine maschinelle Erfassung des Diktats ermöglichten.
Beim „Parlographen“ setzte die Stimme des Sprechenden eine Membran in Bewegung, deren Schwingungen mittels einer Nadel auf eine Wachswalze übertragen wurden. Ein Abhörgerät ermöglichte es den Maschinenschreiberinnen, den diktierten Text zu verschriftlichen. Der Parlograph selbst wurde elektrisch betrieben.
Eine Werbeanzeige der Berliner Firma Carl Lindström A.G. versprach den Kunden beim Kauf eines „Parlographen“ entscheidende Rationalisierungsvorteile: „50 %Zeitersparnis = Gewinn um 100 %, Unbedingt zuverlässig, Immer aufnahmebereit, Unentbehrlich, Für jedes Bureau, jeden Rechtsanwalt, jeden Gelehrten u.s.w.“
Die Rationalisierung von Sprech- und Schreibtätigkeiten führte dazu, dass die Vermittlung von Arbeitsaufgaben entpersonalisiert wurde. Pausen oder informelle Momente, die mit einem persönlichen Diktat fast zwangsläufig verbunden sind, entfielen. Informelle Kontakte wurden unterbunden, so dass eine bis dahin unbekannte Kontrolle der Arbeitsgeschwindigkeit und Arbeitsqualität erreicht wurde. Die Frauen an den Schreibmaschinen konnten auf diese Weise ununterbrochen mit Diktaten versorgt werden. Die Angst der Sekretärinnen, mit der Einführung des Parlographen überflüssig zu werden, war letztlich unbegründet. Mussten und müssen sie doch viel mehr leisten, als nur zum Diktat zu erscheinen.
Autorin: Beatrix Commandeur
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