Foto „Belegschaft des Spulzimmers von Ermen & Engels in Engelskirchen“, 1893, 38 x 27,2 cm, Inv.-Nr.: rz 14/503 © LVR-Industriemuseum
1893 werden einzelne Abteilungen von Ermen & Engels vor dem Fabrikgebäude fotografiert. Für die Belegschaft ein ganz besonderer Tag.
Ein Fotograf aus Düsseldorf ist in die Fabrik von Ermen & Engels gekommen. Die Belegschaft des „Spulzimmers“ ist fein herausgeputzt und in Reih und Glied aufgestellt. Die vielköpfige Gruppe hat sich vor den Verwaltungstrakt des mehrgeschossigen Fabrikgebäudes aufgebaut. An Zahl überwiegen deutlich die Frauen. Man schaut in alte, junge und sehr junge Gesichter. Nur drei bärtige Herren haben sich in der ersten Reihe rechts dazugesellt, einer stehend. Wahrscheinlich Meister und Vorarbeiter. Einer von ihnen hält Spindel und Spule in der Hand: Insignien der spezialisierten Arbeitswelt.
Eine stark vereinheitlichende Tendenz zeigt sich an den streng anliegenden Frisuren und ansonsten noch in der Arbeitskleidung aus meist gestreiften, karierten oder kleingemusterten Baumwollstoffen. Auch in den anderen Abteilungen war der Fotograf, und die Fotos ähneln sich sehr. Sie werden noch - vermutlich für die auch postalisch nutzbare Erinnerung - durch Verzierungsleisten mit kunstvollem Rankenwerk geschmückt: poetisierter Alltag
Deutlich kehrt das Foto die soziale Rangordnung hervor, in der eindeutig die Männer das Kommando führen. Alles sieht sehr diszipliniert aus. Schaut man genau hin, so entdeckt man hinter dem zweiten Fenster, das sich zufällig über dem mit den Arbeitsgeräten ausgestatteten Herrn befindet, das Gesicht eines weiteren Herren: Die verborgene Spitze in der Hierarchie eines patriarchalisch geführten Betriebes? Vielleicht der Fabrikdirektor?
Thomas Schleper
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