20. Januar 2022 | Oberhausen
Oberhausen. 20. Januar 2022. Die ereignisreichen Jahre zwischen 1918 und 1933 waren entscheidend für die Geschichte des 20. Jahrhunderts in Deutschland, im Positiven wie im Negativen: 14 Jahre voller Gegensätze in Politik, Gesellschaft, Kunst und Technik. Wie kaum ein anderes Medium hat die Fotografie das Gesicht dieser Jahre geprägt. Die Ausstellung „Fotografie in der Weimarer Republik“ wirft ab dem 25. Januar im Peter-Behrens-Bau in Oberhausen einen Blick auf diese turbulente Zeit.
Die demokratische Verfassung der Weimarer Republik war durch ihre gesamte kurze Existenz umkämpft und gefährdet. Die durch den Krieg entstandenen wirtschaftlichen und sozialen Probleme waren allerdings groß. Hinzu kamen Putschversuche und erbitterte Straßenkämpfe der verfeindeten Parteien verbunden auch mit einer Vielzahl politischer Morde. In den Städten herrschte extreme Wohnungsnot, hungernde Menschen gehörten zum Straßenbild. In der Weltwirtschaftskrise ab 1929 verschärfte sich die Situation weiter.
Das Berufsbild des Fotografen änderte sich in der Weimarer Republik radikal. Zunehmend wurden die Bildberichte in den großen Illustrierten nicht mehr aus dem Bildmaterial verschiedener – oft ausländischer – Agenturen zusammengestellt, sondern als Reportagen namentlich genannter (Bild-)Autoren präsentiert. Fotobücher fanden große Aufmerksamkeit. Einige Fotografen avancierten zu Stars.
Die Zeit der Weimarer Republik war durch umfassende gesellschaftliche Veränderungen geprägt, die klassischen Rollenbilder und Vorbilder aus der Zeit des Kaiserreiches galten nicht mehr. Das besonders im städtischen Umfeld vollkommen neue Rollenverständnis der berufstätigen, selbstbestimmten Frau veränderte die Mode von Saison zu Saison radikal. Mit Beginn der 1920er Jahre kam vor allem in Berlin ein fast überdrehtes Lebensgefühl auf, das sich auch in neuartigen, meist aus den USA übernommenen Tanzstilen ausdrückte. Die Menschen stürzten sich voller Begeisterung in Tanzveranstaltungen, in Nachtclubs und in die vielen neuen Varietés und Theater. Technische Neuerungen beschleunigten den gesellschaftlichen Wandel. „Elektrizität für jedes Gerät“ war die Devise. Immer leistungsstärkere Automobile wurden gebaut. Der Wille, etwas Neues zu erschaffen und den Aufbruch vom ehemaligen Kaiserreich zur demokratischen Republik zu gestalten, prägte auch die Architektur der Weimarer Republik.
Fortschritt und Veränderungen spiegelten sich natürlich auch in der Fotografie der Zeit. Das Hauptaugenmerk der Fotografen galt dem Ausdruck von Charakter und Wesensart eines Menschen. Bei der Suche nach einem neuen Menschenbild, nach einer neuen Landschaft des Gesichts, zeigte sich die Porträtfotografie in der Weimarer Republik so experimentierfreudig wie nie zuvor. Ungewohnte Ansichten oder der Blick von unten und oben wurden eingesetzt, Spontaneität wurde wichtig, das Erfassen einer flüchtigen Bewegung, ebenso wie neue Posen und eher spielerisch eingesetzte Accessoires. Zu Beginn der 1920er Jahre wendete sich die Fotografie der Neuen Sachlichkeit der nüchternen Darstellung der sichtbaren Welt in klaren Bildkonzepten zu. Die innovative Bildsprache der Fotografie der Weimarer Republik im Grenzbereich zwischen Dokumentarfotografie und Kunst beeinflusst die Bildmedien bis heute. Der Blick auf den arbeitenden Menschen rückte ebenfalls ins Geschehen. Die Bildkultur der Weimarer Republik ist durch die Arbeiterfotografie nachhaltig geprägt worden. Sozialreportagen aus der bislang völlig ausgeblendeten Lebenswelt der Arbeiter und der Welt der Arbeitslosen wurden ein Thema der illustrierten Presse.
Die Sonderausstellung „Fotografie in der Weimarer Republik“ ist eine Übernahme aus dem LVR-LandesMuseum Bonn. In rund 350 Fotografien wirft die Ausstellung einen Blick auf diese turbulente Zeit. Originalfotografien, ergänzt durch Bücher, Zeitschriften, Zeitungen und Postkarten sind in der Ausstellung in zehn Themen-Räumen zu entdecken: Revolution und Republik / Tanz und Mode/ Das Ringen um die Republik/ Technik und Architektur/ Glanz und Elend / Neue Sachlichkeit und Neues Sehen/ Arbeiterfotografie und Fotografierte Arbeit / Bauhaus und Surrealismus Dada/ Sport / Porträt.
Die Ausstellung ist als Rundgang aufgebaut. Begriffe, Ereignisse und Personen, die in den Ausstellungstexten mit einem Stern* gekennzeichnet sind, werden im Begleitheft, welches in der Ausstellung kostenlos zur Verfügung steht, ausführlicher erläutert.
Ein Kooperationsprojekt des LVR-LandesMuseums Bonn, der Stiftung F.C. Gundlach Hamburg und der Deutschen Fotothek Dresden mit Unterstützung von ullstein bild collection Berlin. Die Ausstellung ist gefördert durch die Kunststiftung NRW. Sie wird im Rahmen des Verbundprojektes „100 jahre bauhaus im westen“ präsentiert. „100 jahre bauhaus im westen“ ist ein Projekt des NRW-Ministeriums für Kultur und Wissenschaft und der Landschaftsverbände Rheinland und Westfalen-Lippe.
Zur Ausstellung ist ein Katalog zum Preis von 24,90 € im Museumsshop erhältlich.
Weitere Informationen auf www.industriemuseum.lvr.de
Ausstellungsort: LVR-Industriemuseum, Peter-Behrens-Bau, Essener Straße 80, 46047 Oberhausen
Laufzeit: 25. Januar 2022 bis 29. Mai 2022
Öffnungszeiten: dienstags bis freitags 10 – 17 Uhr, samstags und sonntags 11 – 18 Uhr, Karneval 23.2.2022 bis 1.3.2022, Karfreitag, Ostermontag und Pfingstmontag geschlossen
Eintrittspreise: 6,50 €, ermäßigt 5,50 €, Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren Eintritt frei
Besucherinfos und Buchungen von Führungen bei kulturinfo rheinland unter
Tel.: 02234/9921-555 (Mo-Fr 8-18 Uhr, Sa, So und an Feiertagen 10-15 Uhr) oder per Mail an info@kulturinfo-rheinland.de
Die Pressebilder dürfen nur zu Pressezwecken im Rahmen der aktuellen Berichterstattung zur Ausstellung " Aufbruch in neue Zeiten - Fotografie in der Weimarer Republik" des LVR-Industriemuseums Peter-Behrens-Bau genutzt werden. Eine gesonderte Verwendung der Fotos ist nicht erlaubt.
Hans Bresler
Werbung für die Ausstellung der Arbeiterfotografen, Freital-Deuben 1929
© Hans Bresler / Deutsche Fotothek
Yva (Else Neuländer-Simon)
Strandmode, Berlin um 1932
© Stiftung F.C. Gundlach
Der Torwart greift nach dem Ball, Berlin Ende 1920er Jahre
Martin Munkacsi, Rosy Barsony, 1932
Sammlung F.C. Gundlach
© The Martin Munkacsi Estate
Else Seifert
Trompe-l’oil, um 1930
© Else Seifert und Deutsche Fotothek Dresden
Martin Munkacsi
Der kategorische Imperativ, um 1929
Sammlung F.C. Gundlach
© The Martin Munkacsi Estate
Anette Gantenberg
Tel.: 0208 8579-124
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Hansastraße 18
46049 Oberhausen