Kunststoffe sind aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Untrennbar mit industrieller Massenproduktion verbunden, begleiten sie technische Entwicklungen und eröffnen ungeahnte Möglichkeiten der Gestaltung. Ob Volksempfänger, Trabant, Panton Stuhl, Bobby Car oder iMac: Kunststoffprodukte sind Teil des kollektiven Gedächtnisses geworden und haben ihren Weg ins Museum gefunden.
Wenn von Kunststoffen die Rede ist, dann denken wir an Ressourcenverbrauch, Mikroplastik im Trinkwasser und die Vermüllung der Weltmeere. Das ist aber nur ein Teil unserer Geschichte mit dem Werkstoff. Die Ausstellung „Klasse und Masse“ zeigte dessen vielfältige Möglichkeiten vom billigen Ersatzstoff und Massenprodukt bis zur Hightech-Komponente und Designikone. Sie ging den Geschichten nach, die die im Museum gelandeten Dinge erzählen, und sie fragte danach, was aus ihnen wird – als Müll in der Umwelt oder Objekt im Museum.
Was immer wir im Alltag tun – Sitzen, Fahren, Sprechen, Hören, Sehen, Schreiben, Essen und Trocknen –, überall begleiten uns Kunststoffe. Für jeden Bereich zeigte die Ausstellung Klassiker der Designgeschichte, wie den komplett aus Kunststoff gefertigten „Panton Stuhl“ – eine Ikone der Pop-Ära, den der Designer Verner Panton in den 1960ern entwickelte. Oder das „Bobby Car“, das sich seit seiner Markteinführung 1972 großer Beliebtheit erfreut. 1995 gab es davon sogar eine „Art Edition“ aus Recycling-Material, die von namhaften Künstlern gestaltet wurde.
Aber nicht nur Design-Ikonen zeigen die unerschöpflichen Gestaltungsmöglichkeiten der Kunststoffe im Zusammenspiel mit dem Produktdesign. Kunststoffe lassen sich in fast jede gewünschte Form bringen und sind im Vergleich zu traditionellen Materialien leicht. In ihrem Erscheinungsbild bieten sie alle Möglichkeiten, von farblos und durchsichtig bis hin zu knallbunt, strukturiert und gemustert. So kann ein Spielzeugroboter dank transparenter Kunststoffe sein mechanisches Innenleben offenbaren.
Nicht immer gelingt ein Durchbruch auf Anhieb. Das einst „schlechteste Fahrrad der Welt“, 1982 von schwedischen Ingenieuren aus Polyamid gebaut, wollte zukunftsweisend sein. „Itera“ wurde ein Flop, doch heute sind Fahrradrahmen aus mit Carbonfasern verstärktem Kunststoff etabliert.
Ungewöhnliche Formen aus dem 3D-Drucker oder Vertrautes aus biobasierten Kunststoffen, die auf Basis nachwachsender Rohstoffe hergestellt werden, zeigen, wohin die Entwicklung in Zukunft geht. Die Herausforderung ist, eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft zu schaffen, die andere Kunststoffe, neue Produkte und Mehrwegsysteme erfordern wird.
Die ausgestellten Objekte gehören zur Sammlung des Deutschen Kunststoff-Museums. Seit 2017 hat diese als Dauerleihgabe im LVR-Industriemuseum eine Heimat gefunden. Zuletzt war sie Gegenstand des Forschungsprojekts „KuWerKo. Kunststoffe – ein moderner Werkstoff im kulturgeschichtlichen Kontext“. Wissenschaftler*innen aus mehreren Disziplinen gingen in der Sammlung auf detektivische Spurensuche, um Objekten ihre Geschichte zu entlocken und zu verstehen, wie sie sich während ihrer Nutzung und danach verändern.
Laufzeit:
25.10.2022 – 22.12.2023
Austellungsort:
LVR-Industriemuseum
Peter-Behrens-Bau
Essener Straße 80
46047 Oberhausen