Gemeinsam mit dem Essener Ruhr Museum präsentierte das LVR-Industriemuseum in der St. Antony-Hütte ausgewählte Fotografien aus den beiden großen Bildarchiven im Ruhrgebiet, die einen Einblick in die vielfältigen Lebenswelten von Kindern in der Region um Oberhausen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts gaben.
Ob beim Kinderfest, auf der Kirmes, beim Spielen auf der Straße oder beim Baden im Rhein-Herne-Kanal – auf den ersten Blick sind es Bilder einer glücklichen Kindheit, die von den Fotografinnen und Fotografen festgehalten wurden. Die Kinder scheinen wohlbehütet und fröhlich zu sein. Schaut man jedoch genauer hin, verraten die Fotografien, dass die Realität um einiges vielschichtiger war als die heile Welt, die einige der Aufnahmen andeuten.
Denn die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts war von großen Umbrüchen und Kontrasten geprägt. Ernste und idyllische Lebensumstände lagen nah beieinander und spiegelten sich in der zeitgenössischen Fotografie. Besonders die beiden Weltkriege hatten großen Einfluss gerade auch auf das Leben der Kinder. Während ein Foto aus der Zeit des Ersten Weltkriegs Kinder friedlich beim Spielen zeigt, dokumentiert eine andere Aufnahme aus derselben Zeit junge Lehrlinge, selbst noch Kinder, beim Granatenbau bei der Gutehoffnungshütte (GHH) in Sterkrade. Und während einige Mädchen begeistert bei einem nationalsozialistischen Erntedankfest die Arme recken, sitzen ihre Altersgenossen wenige Jahre später verängstigt in einem Zechenschacht der GHH, der als Bunker dient.
Die Ausstellung zeigte 50 historische Fotografien, die bis in die Zeit des Deutschen Kaiserreichs zurückgehen. Diese Bilder wurden aus den Beständen des Ruhr Museums in Essen und des LVR-Industriemuseums in Oberhausen ausgewählt, so aus dem historischen Bildarchiv der Gutehoffnungshütte (GHH). Ergänzt wurde diese Auswahl um Presse- und Autorenfotografie mit Bildern von Willy van Heekern, Rudolf Holtappel, Marga Kingler, Anne Winterer und anderen zeitgenössischen Fotografen.
Die Fotografien begleiteten Generationen von Kindern durch die unterschiedlichen Lebensstationen. Beginnend beim ersten Schrei eines kopfüber baumelnden Säuglings nach der Geburt, über die Kleinkindbetreuung bis auf die Schulbank, auf der zwei Jungs sich den Kopf über einer Mathematikaufgabe zerbrechen. Sie zeigten den Eintritt ins Arbeitsleben mit einer Aufnahme nähender Mädchen in der Haushaltsschule oder mit Bergbaulehrlingen in einem Übungsstollen der Zeche Vondern.
Sei es beim Besuch der Kirmes auf der Raupe, in der improvisierten Seifenkiste oder bei der Mutprobe – die Aufnahmen stellten ein Kaleidoskop der vielfältigen Lebenswelten von Kindern vor der Kulisse des Ruhrgebiets dar.
Zur Ausstellung ist eine Begleitpublikation erschienen.
Foto 1: © Fritz Henle / LVR-Industriemuseum; Duisburg, 1950-1970er Jahre
Foto 2: © Willy van Heekern / Fotoarchiv Ruhr Museum; Essen, September 1952
Foto 3: © Werksfotografie der GHH / LVR-Industriemuseum; Oberhausen 1914-1918
Foto 4: © Anne Winterer / LVR-Industriemuseum; 1930er Jahre
22.6.23 – 18.5.25
LVR-Industriemuseum
St. Antony-Hütte
Antoniestraße 32-34
46119 Oberhausen