Alle Standorte des LVR-Industriemuseums haben am 1. Mai von 11-18 Uhr geöffnet, ausgenommen davon sind der Peter-Behrens-Bau & der Oelchenshammer.

Grafik Industrieanlage

Torpedo-Divisions-Boot mit Uhrwerksmotor

um 1916

Blechschiff mit Uhrwerksmotor

Blechschiff „Torpedo-Divisions-Boot“ mit Uhrwerkantrieb, Nürnberger Metall- und Lakierwaarenfabrik vorm. Gebrüder Bing Actien-Gesellschaft, Nürnberg, um 1916, Metall, Textil, 26 x 6 x 55 cm, Inv.-Nr.: ob 89/646 © LVR-Industriemuseum, Foto: Jürgen Hoffmann

Sind es heute ferngesteuerte Modellschiffe, die zu Wasser gelassen werden, so standen in den Jahren um 1900 blecherne Spielzeugschiffe mit Uhrwerk- oder Spiritusantrieb ganz oben auf der Wunschliste deutscher Jungen. Insbesondere der gegen England gerichtete Bau der kaiserlichen Schlachtflotte ließ nach 1890 Kriegsschiffe als Kinderspielzeug äußerst populär werden.


Das maritime Wettrüsten im Deutschen Kaiserreich wurde von einem in Aufwand und Methode beispiellosen Propagandafeldzug begleitet, der vor allem das Bürgertum regelrecht in einen nationalistischen „Flottentaumel“ stürzte. Die deutschen Spielzeugproduzenten rührten ihrerseits mit einem reichhaltigen Sortiment an Schlacht- und Panzerschiffen, Kanonen- und Torpedobooten kräftig die Werbetrommel für die hochtrabenden Flottenbaupläne des Deutschen Reiches.


Neben den Firmen Märklin, Corette und Lutz stellte auch die „Nürnberger Metall- und Lakierwaarenfabrik vorm. Gebrüder Bing Actien-Gesellschaft“ solche Kriegsschiffsmodelle her. Nach eigenem Bekunden sei sie „seitens der kaiserlichen Werft in Kiel in zuvorkommenster Weise unterstützt“ worden, „indem uns diese Behörde eine Reihe von Originalzeichnungen zur Verfügung stellte.“ Neben den gigantischen Schlachtschiffen zogen nach 1900 vor allem kleinere Kanonen- und Torpedoboote als „unterhaltendes und [...] äußerst lehrreiches“ Spielzeug in die Kinderstuben ein.


Die Strafexpedition einiger europäischer Staaten gegen den chinesischen Boxeraufstand im Jahre 1900 und die sogenannte „Kanonenboot-Politik“ des kaiserlichen Deutschlands machten diesen Schiffstyp mit geringem Tiefgang auch bei der weniger maritim interessierten Bevölkerung sehr populär. Durch den verhältnismäßig einfachen Aufbau waren diese Blechschiffe wie das hier abgebildete Torpedo-Divisions-Boot wesentlich billiger als die riesigen Passagier- und Kriegsschiffe. Bing'sche Kanonen- und Torpedoboote sind auch heute noch begehrte Sammlerstücke.


Michael Gaigalat


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