Grafik Industrieanlage

Reißfestigkeitsprüfer

um 1900

Reißfestigkeitsprüfer zur Kontrolle der Dehnung von Tuch

Reißfestigkeitsprüfer für Tuche, Tuchfabrik Müller, Euskirchen, um 1900, Metall, Holz, 39 x 96 x 24 cm, Inv.-Nr.: eu tl/24 © LVR-Industriemuseum, Foto: Jürgen Hoffmann

Jeder Industriebetrieb, der seine Erzeugnisse auf Dauer und zu angemessenen Preisen verkaufen will, muss eine gleichbleibende Qualität seiner Produkte sicher stellen. Das galt – und gilt – auch für größere Tuchfabriken, die mit Hilfe spezieller Prüfgeräte alle wichtigen Produktionsschritte von der losen Wolle bis zum fertigen Tuch einer ständigen Qualitätskontrolle unterziehen.


Sowohl an die Herstellung von Stoffen für zivile Abnehmer als auch an die Produktion von so genannten Lieferungstuchen, das heißt Uniformstoffen für Militär, Polizei, Zoll, Post oder Eisen- und Straßenbahn, werden hohe Qualitätsanforderungen gestellt. Vor allem diese Großabnehmer waren auf die hohe Qualität der Wolltuche angewiesen, mussten diese sich doch unter schwierigen Bedingungen und bei Wind und Wetter bewähren. Zudem sollten sie möglichst lange halten. In den oft umfangreichen schriftlichen Lieferbedingungen der Großkunden waren diese Anforderungen in allen Einzelheiten festgelegt.


Die textiltechnischen Prüfungen erstreckten sich im Wesentlichen auf die zu verarbeitenden Fasern, auf die aus diesen gesponnenen Garne und auf die fertigen Gewebe, das heißt auf die Stoffe. So konnte man zum Beispiel die Garne unter anderem auf ihren Feuchtigkeitsgehalt und auf Reißfestigkeit, Dehnung, Gleichmäßigkeit und Lichtechtheit prüfen. Bei den Geweben waren ebenfalls Reißfestigkeit und Dehnung, aber auch etwa Luft- und Wasserdurchlässigkeit oder Abrieb- und Scheuerfestigkeit von entscheidender Bedeutung.


Der hier vorgestellte Reißfestigkeitsprüfer stammt aus der Tuchfabrik Müller in Euskirchen-Kuchenheim. Benutzt wurde er, wie ein ehemaliger Arbeiter berichtete, vor allem „bei Uniformtuchen – die mussten eine gewisse Reißfestigkeit haben. Die Tuchstreifen wurden fest geschraubt, dann wurde (mit Hilfe von Handkurbel und Leitspindel) gedreht, bis das Tuch riss. Und dann konnte man feststellen: Wieviel hat das Tuch gehalten?“ 1959 schrieb das Posttechnische Zentralamt beispielsweise für Dienstanzüge, Umhänge, Mäntel und Überziehjacken eine „Zugfestigkeit“ von 48 Kilogramm in Kette und Schuss zwingend vor – wurden diese Anforderungen an die Qualität nicht eingehalten, kam es zu Reklamationen, die den Fabrikanten Zeit und vor allem Geld kosteten.



Markus Krause


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