Gemälde „Bildnis Generaldirektor Kommerzienrat R.“, Friedrich Richard (Fritz) Reusing, 1941, Pastellkreide auf Leinwand, Holz, Glas, 95 x 116 x 8 cm (mit Rahmen von F.G. Conzen, Düsseldorf), Inv.-Nr.: ah e/190
„Bildnis Generaldirektor Kommerzienrat R.“ – unter diesem Titel war das Gemälde in der „Herbstausstellung Düsseldorfer Künstler 1941“ zu sehen. Der Maler Fritz Reusing stellte das Bild der Städtischen Kunsthalle mit dem Vermerk „unverkäuflich“ zur Verfügung.
Fritz Reusing (1874-1956) war ein überregional bekannter Künstler und gilt als letzter Vertreter der klassischen Portraitmalerei der Düsseldorfer Malerschule. Wenn er auf Kongressen oder Vortragsveranstaltungen war, fertigte er Zeichnungen von Wissenschaftlern, Musikern, Künstlern, Schriftsteller oder Philosophen an. Zu seinen berühmten Modellen gehörten unter anderem Albert Einstein, Max Planck, Albert Schweitzer, Erich Haeckel, Joachim Ringelnatz, Richard Strauss, Igor Strawinsky und Ferdinand Sauerbruch.
Fritz Reusing war bis Mitte der 1940er Jahre auch ein gefragter Künstler in Unternehmerkreisen. Er malte Direktoren oder Vorstände, unter anderem der Henkel-Werke, der IG Farben, des Bochumer Vereins oder von Siemens. Insbesondere zu Bertha Krupp von Bohlen und Halbach, eine der reichsten Frauen ihrer Zeit, pflegte er gute Beziehungen. Er profitierte von diesen Kontakten, vor allem in den Kriegsjahren. So besaß Reusing zahlreiche Aktien der Unternehmen seiner Auftraggeber und erhielt viele Folgeaufträge für Bilder.
Paul Reusch (1868-1956), Generaldirektor der Gutehoffnungshütte (GHH) Oberhausen, beauftragte 1941 Fritz Reusing sein Portrait in Pastell zu malen. Für das Bild überwies die GHH im Winter 1941/1942 „zu Lasten“ Paul Reuschs 3.500 Reichsmark auf das Konto von Fritz Reusing. Überliefert ist auch, dass Reusing seine Werke in der Rahmenfabrik F.G. Conzen, Düsseldorf, persönlich einrahmte.
Als im Herbst 1941 das „Bildnis Generaldirektor Kommerzienrat R.“ in der Düsseldorfer Kunsthalle prominent ausgestellt wurde, begann Reuschs beruflicher Abstieg. Damals war Reusch bereits 73 Jahre alt. Im November 1941 schied er aus dem Vorstand der GHH Oberhausen AG aus. Mitte Februar 1942 legte er auf Druck der NSDAP seine Vorstands- und Aufsichtsratsposten in der GHH und in über 20 Konzernen nieder. Aus seiner wirtschaftsliberalen Haltung heraus kritisierte er die Nationalsozialisten und lehnte eine allzu große Einflussnahme in die Betriebs- und Geschäftsführung ab. Reusch galt als autoritär und eigensinnig.
Das Portrait zeigt Reusch in einem eher privaten Umfeld. Er sitzt in einem hellen, gemusterten Lehnsessel, dahinter ein Bücherschrank. Er ist akkurat gekleidet. Der hohe steife Hemdkragen verdeckt sein leichtes Doppelkinn. Er präsentiert sich selbstbewusst, in aufrechter, dennoch lockerer Haltung. Die Uhrenkette an der Weste ist nicht nur Mode seiner Zeit. Sie deutet auf ein diszipliniertes, durchgetaktetes Leben hin. Hingegen durchbricht ein Detail die perfekte Erscheinung Reuschs, die auch auf einer erhaltenen Fotografie zu beobachten ist: Die leicht schräg fallende Krawatte, die trotz der Krawattennadel verrutscht scheint.
Schon 1941 beschloss Reusch ein zweites Portrait von Reusing auf Schloss Katharinenhof in Backnang/Strümpfelbach, Baden-Württemberg malen zu lassen.
Doch vermutlich kam es nicht zustande. Über seinen Privatsekretär Heinrich Wagner ließ der Unternehmer übermitteln, dass er keinesfalls vor Ostern (1942) für Malsitzungen zur Verfügung stände. Reusch führte als Grund an, dass er sehr beschäftigt sei. Die kalte, dunkle Jahreszeit schien ihm für Malsitzungen außerdem ungeeignet.
Währenddessen tobte im Kältewinter 1941/1942 ein elender Krieg, für den die GHH Rüstungsgüter produzierte. Wie die Bevölkerung litt auch die Belegschaft in Oberhausen massiv unter den Auswirkungen.
Regina Weber
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