Rosettenstanze, Eigenbau Kuno Brabender (1868–1937), Fa. Hoppe, Solingen, um 1900, Holz, Stahl, 192 x 80 x 85 cm, ca. 400 kg, Inv.-Nr.: sg 90/147.1.1 © LVR-Industriemuseum, Foto: Jürgen Hoffmann
Die Anfertigung der winzig kleinen Rosetten aus Neusilber, die für die Montage von Rasiermessern oder auch Taschenmessern nötig waren, war eine zeitaufwendige Handarbeit, die jahrzehntelang Stück für Stück mit einem kleinen Schlagstempel ausgeführt wurde. Um 1900 gelang es Kuno Brabender präzise Stanzwerkzeuge zu entwickeln, die - auf einer eigens zu diesem Zweck konstruierten Stanze eingesetzt - den Arbeitsvorgang auf eine mechanische Grundlage stellten und dabei die Produktivität erheblich steigerten.
Die Fa. Hoppe an der Herzogstraße in Solingen, aus der die Maschine stammt, war eigentlich auf Korkenzieher-Gewinde - als Zubehörteile für Taschenmesser oder Korkenzieher - spezialisiert. Doch auf dem Dachboden befand sich noch eine weitere Abteilung, in der Zubehörteile für Rasiermesser produziert wurden. Hier befand sich auch die Rosettenmaschine, die Kuno Brabender, ein Großonkel des letzten Firmeninhabers Kurt Hoppe, um 1900 entwickelt hatte.
Kuno Brabender war 1882 als Werkzeugmacherlehrling bei der Schirmfabrik Kortenbach & Rau eingetreten. Er wurde dort später Meister der Werkzeugmacherei. Im Jahre 1895 begann er nach Feierabend in seiner Wohnung mit der Herstellung von Rosetten für Rasiermesser auf einer Handspindelpresse. Auch die Weiterentwicklung, die neu konstruierte Rosettenmaschine setzte er zunächst ebenfalls privat in seiner Küche ein. Wenn Besuch kam, deckte er sie mit einem Tuch zu.
Entscheidend für den Arbeitsvorgang waren die aufwendig gefertigten Präzisionswerkzeuge für den Stanzvorgang. Auf der Rosettenmaschine werden in einem Arbeitsgang mit einen Schnitt in einen Blechstreifen zuerst Höhlungen gedrückt, dann gelocht und zuletzt die Rosetten ausgestanzt. Die Maschine selbst wurde aus einer einfachen Handspindelpresse konstruiert. Das Holzgestell, auf dem diese montiert ist, war nicht von Beginn an optimal: Es musste nachträglich erhöht werden und auch die Einkerbung für den Antriebsriemen verrät die Nachlässigkeit des Konstrukteurs.
Unzählige Stunden waren nötig gewesen, um diese auf den ersten Blick unscheinbare Stanze zu bauen. Der Aufwand hatte sich gelohnt. Die Produktivität bei der Herstellung von Rosetten für Rasiermesser war um viele tausend (!) Prozent gestiegen und verschaffte ihm einen immensen Wettbewerbsvorteil. Es war nun möglich, in einem einzigen Maschinenhub mehr als dreißig - statt nur einer - der feinen Neusilber-Rosetten gleichzeitig aus dem Blech zu stanzen. Sie wurden in einem aus Konservendosen gefertigten Behälter unter der Maschine gesammelt. Wenn er voll war, „war er ein Vermögen wert“. Kuno Brabender hatte schon bald eine Monopolstellung in der Solinger Schneidwarenindustrie erworben.
1907 baute Kuno Brabender sich dann eine kleine Werkstätte auf der Bebelallee. Im Jahre 1918 kündigte er bei Kortenbach & Rau und konzentrierte sich auf die Rosettenfertigung. Zu dieser Zeit schlugen andere Firmen Rosetten noch von Hand aus.
Ab 1930 wurde der Neffe von Kuno Brabender, Willi Hochstein, in die Fabrikation eingewiesen. 1955 trat W. Hochstein in die Fa. Hoppe ein, wo er als Werkzeugmacher und Maschinenbauer (er besaß zwei Meisterbriefe) die technische Leitung übernahm. Die Maschinen für die Herstellung von Rasiermesserzubehörteilen einschl. der Rosettenmaschine wurden im Dachgeschoss aufgestellt, wo zuvor die Schleiferei untergebracht war.
Weitere Informationen zum Ausstellungsprojekt „erfindungsreich – Eigenbauten und Flickwerk“
Jochem Putsch
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