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Engelskirchen. 27. März 2017. Gartenarbeit – was heute eine Mischung aus Hobby und ökologischem Engagement ist, war früher überlebenswichtig. Ohne das selbstangebaute Obst und Gemüse kamen viele Familien vor der Industrialisierung kaum durch den Winter. Die Veränderungen, die die Nutzgärten im Laufe dieser Entwicklung bis heute erfahren haben, und die Mühen und Freuden des Gärtnerns im Jahreslauf zeigt „Stadt, Land, Garten – Eine Ausstellung zur Kulturgeschichte des Nutzgartens“ ab dem 30. März 2017 im LVR-Industriemuseum Kraftwerk Ermen und Engels in Engelskirchen.
Lange bestimmten Nutzgärten die Ernährung und das Alltagsleben zahlreicher Menschen. Mit der Industrialisierung und Verstädterung wurde alles anders. In den neuen Ballungszentren gab es nicht mehr für jeden Haushalt einen Garten. Arbeitgeber und Kommunen reagierten darauf und stellten Brachflächen zur Verfügung, errichteten Kleingartenanlagen und Siedlungen mit Gärten hinter dem Haus. Denn wer einen Garten bestellte, hatte etwas zu essen und etwas Sinnvolles zu tun.
Mit dem „Wirtschaftswunder“ der 1950er Jahre kauften die Menschen lieber in gut bestückten Läden anstatt Gemüse aufwändig selbst zu ziehen. Der Nutzgarten verlor an Bedeutung. Gemüsegärten wichen Rasenflächen und Blumenbeeten, die Kleingartenvereine wurden zu Rentnerparadiesen. Seit den späten 1970er Jahren ist jedoch wieder eine Trendwende zu beobachten. Viele Menschen interessieren sich für den biologischen Gemüseanbau und sehen im Garten eine kleine Gegenwelt zu Stadtalltag und Konsum aus dem Supermarkt. Sie bauen wieder selbst – garantiert schadstofffreies – Gemüse an oder pachten Kleingärten.
Beim Urban Gardening experimentieren Menschen auf Brachflächen mit Beeten in mobilen Behältnissen. Sie verstehen ihr Gärtnern nach dem Motto „Eine bessere Welt ist pflanzbar!“ zugleich als ein Stück Weltverbesserung. In der Ausstellung zeigt eine Filmcollage von Studenten des Fachs Kulturanthropologie/Volkskunde der Universität Bonn moderne Formen des Gärtnerns in der Stadt. Sowohl die Diskussion um eine grünere Stadt als auch deren Umsetzung mit neuen Methoden wie Urban Gardening, Permaculture oder Aquaponic stehen im Mittelpunkt des Films.
Auf rund 450 Quadratmetern beleuchtet die Ausstellung den Wandel der Nutzgärten – vom vorindustriellen Küchengarten über Werkssiedlungen und Kleingartenanlagen bis zum Biogarten hinter dem Haus und Urban Gardening-Projekten. Historische Arbeitsgeräte und Ratgeberliteratur zeigen eine erstaunliche Kontinuität der Gartenarbeit. Die wiederkehrenden Jahreszeiten bestimmen das Wachstum der Pflanzen und geben dem Gärtner den Rhythmus vor. Ob Kürbis, Gurke, Himbeere oder Birne – rund 300 Einmachgläser zeugen von der reichen Ernte engagierter Gärtnerinnen und Gärtner vergangener Jahrzehnte. Private Fotos erlauben einen Blick über den Gartenzaun und belegen auch gesellige und erholsame Momente im Grünen.
Große und kleine Besucherinnen und Besucher werden in der Ausstellung selbst aktiv. Es gilt, sich Inhalte durch Puzzeln, Kurbeln oder Suchen zu erschließen. Pflanzkisten nach Art des Urban Gardenings laden dazu ein, zu pflanzen, jäten, gießen und sogar zu ernten. Und Etagen-Gärten aus recycelten PET-Flaschen zeigen, wie Gärtnern vertikal in Räumen funktionieren kann.
Weitere Informationen auf www.stadt-land-garten.lvr.de
Stadt, Land, Garten – Eine Ausstellung zur Kulturgeschichte des Nutzgarten
LVR-Industriemuseum
Kraftwerk Ermen und Engels
Engels-Platz 2
51766 Engelskirchen
Laufzeit: 30. März bis 29. Oktober 2017
Öffnungszeiten: dienstags bis freitags 10 – 17 Uhr, samstags und sonntags 11 – 18 Uhr,
Karfreitag (14.4.2017), Ostermontag (17.4.2017), Pfingstmontag (5.6.2017) geschlossen
Eintrittspreise: 5 €, erm. 4,50 €, Kombikarte mit Denkmalpfad 6 €. Kinder und Jugend-liche bis 18 Jahre haben im LVR-Industriemuseum freien Eintritt.
Begleitprogramm: Öffentliche Führung am 9. April, 14. Mai, 11. Juni, 9. Juli, 13. August, 10. September, 8. Oktober, 29. Oktober, jeweils 15 Uhr
Katalog: Zur Ausstellung gibt es einen Begleitkatalog, der zum Preis von 6,50 € im Museumsshop und im Buchhandel erhältlich ist. ISBN 978-3-945060-02-5
Besucherinfos und Buchungen von Führungen bei kulturinfo rheinland unter
Tel.: 02234/9921-555 (Mo-Fr 8-18 Uhr, Sa, So und an Feiertagen 10-15 Uhr) oder per Mail an info@kulturinfo-rheinland.de
Die Pressebilder dürfen nur zu Pressezwecken im Rahmen der aktuellen Berichterstattung über "Stadt, Land, Garten - Eine Ausstellung zur Kulturgeschichte des Nutzgartens" im LVR-Industriemuseum Kraftwerk Ermen & Engels genutzt werden. Eine gesonderte Verwendung der Fotos ist nicht erlaubt.
Blick in die Sonderausstellung "Stadt, Land, Garten" im LVR-Industriemuseum Kraftwerk Ermen & Engels in Engelskirchen
Foto: D. Stender, © LVR-Industriemuseum
Gärtner der Familie Engels, zuständig für Parkanlagen und Nutzgarten der Fabrikantenfamilie in Engelskirchen, 1893
© Archiv Ermen & Engels
Einmachgläser, wie diese in der Ausstellung, wurden seit den 1920er Jahren zur Konservierung von Obst und Gemüse benutzt.
Foto: D. Stender, © LVR-Industriemuseum
Gartenarbeit und Entspannung im Bonner Kleingarten, der an einem Bahndamm lag, in den 1920er Jahren.
© LVR-Industriemuseum
Pflanzkisten auf Paletten werden oft für Urban-Gardening-Projekte genutzt. Sie sind mobil, flexibel und können selbst gebaut werden. Im Außenbereich der Ausstellung können die Besucher an solchen auch selbst gärtnern.
Foto: N. Breidenstein , © LVR-Industriemuseum
Vertikaler Etagengarten für das Indoor-Gardening in der Ausstellung
Foto: D. Stender, © LVR-Industriemuseum
Zur Villa der Familie Engels in Engelskirchen gehörte um 1900 neben dem Park auch ein Nutzgarten mit Orangerie, der sich zwischen Wohnhaus und Fabrik befand.
© Archiv Ermen & Engels
Bohnen gehörten in fast jeden Nutzgarten, hier an den Schrebergärten in Ründeroth im Jahr 1925 gut zu erkennen an den Bohnenstangen, die als Rankhilfen gesetzt wurden.
© Archiv Peter Ruland, Engelskirchen