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Zwischen Lust und Last

Ausstellung "Stadt, Land, Garten" beleuchtet Kulturgeschichte des Nutzgartens in Euskirchen

4. Mai 2016

Euskirchen. Gartenarbeit – was heute eine Mischung aus Hobby und ökologischem Engagement ist, war früher überlebenswichtig. Ohne das selbstangebaute Obst und Gemüse kamen viele Familien vor der Industrialisierung kaum durch den Winter. Die Veränderungen, die die Nutzgärten im Laufe dieser Entwicklung bis heute erfahren haben, und die Mühen und Freuden der Gärtner im Jahreslauf zeigt die Ausstellung „Stadt, Land, Garten – Zur Kulturgeschichte des Nutzgartens“ ab dem 8. Mai 2016 im LVR-Industriemuseum Tuchfabrik Müller in Euskirchen.


Von der Existenzsicherung zur Erdung

Säen und anbauen, gießen und jäten, schneiden und umgraben, ernten und einlagern – lange bestimmten Nutzgärten die Ernährung und das Alltagsleben zahlreicher Menschen. Mit der Industrialisierung und Verstädterung wurde alles anders. In den neuen Ballungszentren gab es nicht mehr für jeden Haushalt einen Garten. Arbeitgeber und Kommunen versuchten jedoch, möglichst vielen Arbeitern das Gärtnern zu ermöglichen – durch die Verpachtung von Brachflächen über die Schaffung von Kleingartenanlagen bis hin zu Siedlungen mit Gärten hinter dem Haus. Denn gärtnernde Arbeiter galten als zufriedener und zuverlässiger.


Der Sozialstaat hinter dem Haus

Von den 1920er Jahren bis zu Beginn der 50er galt der Garten als Selbsthilfe-Mittel gegen Hunger und Notstand. Wer einen Garten hatte, hatte schließlich etwas zu essen und etwas Sinnvolles zu tun. In schlechten Zeiten gab es regelrechte Landbesetzungen der Erwerbslosen: Wer nichts mehr zu essen hatte, suchte sich ein Fleckchen Erde und baute Gemüse an. Über das „Recht am Garten“ wurde in den 20er Jahren eifrig gestritten. Die Schaffung von Kleingartenanlagen und die Förderung von einfachen Siedlungshäusern mit Selbstversorgergärten wurde bis in die frühe Nachkriegszeit als Mittel der Sozialpolitik diskutiert und praktiziert – anstelle von Geldzahlungen.


Neue Formen des Gärtnerns

Mit dem Wirtschaftswunder der Nachkriegszeit wurde der Nutzgarten immer unwichtiger. Gemüsegärten wichen Rasenflächen und Blumenbeeten, die Kleingartenvereine wurden zu Rentnerparadiesen. Seit den späten 70er Jahren ist jedoch wieder eine Trendwende zu beobachten. Viele Menschen interessieren sich für den biologischen Gemüseanbau und sehen im Garten eine kleine Gegenwelt zum Stadtalltag und Konsum aus dem Supermarkt. Sie bauen wieder selbst – garantiert schadstofffreies – Gemüse an, pachten Kleingärten oder beteiligen sich an neuen Formen gemeinschaftlichen Gärtnerns. Beim Urban Gardening experimentieren junge Menschen auf städtischen Brachflächen mit Beeten in mobilen Behältnissen. Sie verstehen ihr Gärtnern nach dem Motto „Eine bessere Welt ist pflanzbar!“ zugleich als ein Stück Weltverbesserung. Die Ausstellung stellt einige lokale Initiativen zum neuen Gardening-Trend vor.


Blick in die Ausstellung

Vom Klostergarten über Werkssiedlungen bis zum Urban Gardening – die 550 Quadratmeter große Ausstellung zeichnet vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen Entwicklungen nach, wie sich Bedeutung und Gestalt der Nutzgärten gewandelt haben. Historische Arbeitsgeräte, Arbeitskleidung, historische Grafik und Ratgeberliteratur erinnern an die Gartenwelten vergangener Zeiten. Historische Fotos aus Kleingärten werden lebensgroß projiziert und erlauben einen intimen Blick in die Gärten der Zeit, in der das Gemüse noch selbst angebaut wurde. Die Schau geht den Motiven nach, die zu verschiedenen Zeiten hinter der Tätigkeit im Garten standen.

In der Ausstellung werden Versuche im Indoor-Gardening durchgeführt – eine der Zukunftsvisionen für Gemüsebau in der Stadt. Zudem hat eine Studierendengruppe der Abteilung Kulturanthropologie/Volkskunde an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn eine Filmcollage zu den Vorstellungen des Gärtners in der Stadt erstellt. Im Mittelpunkt des Films steht sowohl die Diskussion um eine grünere Stadt als auch deren Umsetzung anhand internationaler Beispiele von Urban Gardening, Permaculture oder Aquaponic. Darüber hinaus erarbeitet die Studierendengruppe den Blog gartenkultur.wordpress.com, der die Kulturgeschichte und aktuelle Entwicklungen rund um den Garten thematisiert.


Ausstellung aktiv

Alte und moderne Nutzpflanzen werden vorgestellt und die Besucherinnen und Besucher können das Wachsen und Reifen von Bohne, Himbeeren, Birnen und Kartoffel im Laufe eines Gartenjahres auch direkt im großen Nutzgarten der Tuchfabrik Müller verfolgen. Dort bauen ehrenamtlich tätige Gärtner – streng nach der überlieferten Struktur – Gemüse wie vor 100 Jahren an.

Die Ausstellung fordert aber auch dazu auf, selbst aktiv zu werden: Es gilt, sich Inhalte durch puzzeln, kurbeln oder knobeln zu erschließen. Auf einer speziellen Kinderebene können Mädchen und Jungen Sammelkarten suchen, die Anregungen für erste Pflanzversuche zu Hause bieten. Im Mitmachgarten im Außenbereich werden große und kleine Besucherinnen und Besucher außerdem selbst zu Gärtnern. Mobile Pflanzkisten, für die auch Patenschaften übernommen werden können, laden zum Anbauen, Gießen, Jäten und Ernten ein – Hacken, Schaufeln und Gießkanne stehen bereit.


Weitere Informationen auf www.stadt-land-garten.lvr.de.


Das Rahmenprogramm zur Ausstellung finden Sie hier.


LVR-Industriemuseum

Tuchfabrik Müller

Carl-Koenen-Str. 25 b

53881 Euskirchen


Laufzeit: 8. Mai bis 18. Dezember 2016


Öffnungszeiten: dienstags bis freitags 10 – 17 Uhr, samstags und sonntags 11 – 18 Uhr


Eintrittspreise: 4,50 €, ermäßigt 4 €, Kombikarte mit Tuchfabrik Müller 9,50 €. Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre haben im LVR-Industriemuseum freien Eintritt.


Katalog: Zur Ausstellung gibt es einen Begleitkatalog, der zum Preis von 6,50 € im Museumsshop und im Buchhandel erhältlich ist. ISBN 978-3-945060-02-5


Besucherinfos und Buchungen von Führungen bei kulturinfo rheinland

unter Tel.: 02234/9921-555 (Mo-Fr 8-18 Uhr, Sa, So und an Feiertagen 10-15 Uhr) oder per Mail an


Pressefotos

Die Pressebilder dürfen nur zu Pressezwecken im Rahmen der aktuellen Berichterstattung über die Ausstellung "Stadt, Land, Garten" des LVR-Industriemuseums Tuchfabrik Müller genutzt werden. Eine gesonderte Verwendung der Bilder ist nicht erlaubt.


Ein großer Nutzgarten, im Hintergrund ein Gebäude

Gemüsegarten an der Tuchfabrik Müller


© LVR-Industriemuseum


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Blick auf Pflanzkisten vor einem Gebäude

Urban Gardening im Ermekeilgarten, Bonn 2014


Foto: N. Breidenstein


© LVR-Industriemuseum


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Detailaufnahme einer Aubergine am Strauch

Aubergine


Foto: Robin Stecken


© LVR-Industriemuseum


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Historisches Schwarzweiß-Foto zeigt ein Paar sitzend auf einer Gartenbank

Auszeit im Garten, um 1910


© LVR-Industriemuseum


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Historische Zeichnung eines Kleingartens vor einer Eisenbahn

Kleingarten vor Eisenbahn. Kriegserntekarte aus dem Ersten Weltkrieg, die als Feldpostkarte Verwendung fand und Gartenarbeit und Landwirtschaft zum Thema macht.


© LVR-Industriemuseum


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Detailaufnahme von Händen, die Kartoffeln aus der Erde holen

Kartoffelernte


Foto: N. Breidenstein


© LVR-Industriemuseum


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Blick auf hölzerne Präsentationsflächen in der Ausstellung

Blick in die Ausstellung "Stadt, Land, Garten"


Foto: Claudia Bruch


© LVR-Industriemuseum


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Blick in eine Vitrine, in der Utensilien zum Einkochen stehen

Blick in die Ausstellung "Stadt, Land, Garten"


Foto: Claudia Bruch


© LVR-Industriemuseum


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Blick in die Ausstellung: ein Liegestuhl auf einer Holzkonstruktion und eine Leinwand mit historischen Fotos

Blick in die Ausstellung "Stadt, Land, Garten"


Foto: Claudia Bruch


© LVR-Industriemuseum


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Gärtner hält eine Kiste mit Bohnen hoch und lacht

Gärtner mit Bohnenernte, 2014


Foto: N. Breidenstein


© LVR-Industriemuseum


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Historisches Schwarzweiß-Foto von einem sommerliche gekleideten Mädchen, das Gemüse gießt

Mädchen im Garten, 1940er Jahre


© LVR-Industriemuseum


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Ansicht eines Möhren-Samentütchens aus den 1930er-Jahren

Samentütchen "Möhren" aus den 1930er Jahren


© LVR-Industriemuseum


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Ansicht eines Erdbeer-Samentütchens aus den 1930er-Jahren

Samentütchen "Monatserdbeere", um 1930


© LVR-Industriemuseum


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Ansicht einer historischen Postkarte mit einem Jungen, einem Mädchen und Gemüse

Postkarte "Wir sind gesund, denn wir essen Obst", 1930er Jahre


© LVR-Industriemuseum


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Pflanzen wachsen aus einem kleinen hängenden Rohr, auf das Licht von einer Lampe fällt

In der Ausstellung „Stadt, Land, Garten“ wird ein Versuch im Indoor-Gardening durchgeführt. Dazu wurden zwei Hydroponik-Anlagen in der Ausstellung aufgebaut. Dies ist ein „Etagen-Garten“ mit Kunstlicht.

Er kommt ohne Erde aus.

Die Pflanzen werden durch eine Wasser-Dünger-Lösung versorgt.


© LVR-Industriemuseum


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Planzen wachsen in zwei halben hängenden Plastikflaschen

In der Ausstellung „Stadt, Land, Garten“ wird ein Versuch im Indoor-Gardening durchgeführt. Dazu wurden zwei Hydroponik-Anlagen in der Ausstellung aufgebaut. Diese arbeitet mit gebrauchten PET-Flaschen und Sonnenlicht, das durch die Fenster fällt. Sie kommt ohne Erde aus. Die Pflanzen werden durch eine Wasser-Dünger-Lösung versorgt.


© LVR-Industriemuseum


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