Wenn es draußen grünt, blüht und wächst, freuen sich die Besucherinnen und Besucher der Papiermühle Alte Dombach immer wieder über die Gemüsegärten, die zum Gelände gehören. Die heutigen Museumsgärtner führen fort, was für die Papiermacher früherer Zeiten Alltag war.
Überlebenswichtig
Schon damals ergänzten die Familien ihren Speisezettel mit Obst und Gemüse, das sie selbst anbauten. Dies war vor der Industrialisierung überlebenswichtig. Säen und pflanzen, gießen und jäten, schneiden und umgraben, ernten, einlagern und konservieren - ohne diese Arbeiten kam man nur schlecht durch den Winter.
Gärtnern in den Städten der Industriezeit
In den wachsenden Städten und den neuen Ballungszentren, die mit der Industrialisierung nach 1850 entstanden, war es nicht mehr selbstverständlich, dass für jeden Haushalt ein Garten zur Verfügung stand. Es gab aber vielfältige Formen - von der Brachflächen-Nutzung über Kleingartenanlagen bis zu Siedlungen mit Gärten hinter dem Haus -, mit denen die Kommunen und Arbeitgeber versuchten, möglichst vielen Arbeitern das Gärtnern zu ermöglichen, denn gärtnernde Arbeiter galten als zufriedener und zuverlässiger. Viele Familien wünschten sich einen Garten, der ihnen selbstbestimmte Arbeit an der frischen Luft ermöglichte, in dem sie Früchte und Gemüse ernten und ihre knappe freie Zeit genießen konnten.
… und in Notzeiten
Im Ersten Weltkrieg kam es zu einer dramatischen Lebensmittel-Knappheit. Den Höhepunkt der Hungerkrise stellte der "Steckrübenwinter" 1916/17 dar. Der Staat startete eine "Garten- und Feldoffensive"; "alles irgend nutzbare Land bis hin zu den freien Bauplätzen in den Städten ward bestellt", hieß es 1916. Der Erfolg dieser Bemühungen hielt sich jedoch in Grenzen; häufig fehlte es an Kenntnissen, Saatgut und Düngemitteln, und die neu bepflanzten Böden waren nicht ertragreich.
Im "Dritten Reich" kam die Selbstversorgung aus dem Garten der "Blut und Boden"-Propaganda und den Autarkie-Bemühungen des Regimes entgegen und wurde entsprechend gefördert. In der Sprache der Funktionäre verwandelte sich die Gartenarbeit zur "Erzeugungsschlacht"; die Zahl der organisierten Kleingärtner stieg deutlich. Im Zuge der Kriegszerstörungen verwandelten sich die Lauben häufig in Notunterkünfte. Einige Widerständler und Juden konnten sich in den Gartenanlagen vor dem Zugriff des Regimes verstecken.
Heute
Mit dem "Wirtschaftswunder" der Nachkriegszeit wurde die Notwendigkeit, einen Nutzgarten zu bewirtschaften, immer geringer; Gemüsegärten wichen Rasenflächen und Blumenbeeten, die Kleingartenvereine wurden zu Rentnerparadiesen. Heute ist diese Entwicklung gestoppt, junge Familien und Menschen, die naturnah leben möchten oder einen Gegenpol zum Alltag in der globalisierten und arbeitsteiligen Gesellschaft suchen, pachten Kleingärten oder beteiligten sich an neuen Formen gemeinschaftlichen Gärtnerns.
Zwischen Last und Lust
Die subjektive Seite des Gärtnerns spielte in der Ausstellung eine große Rolle. Die Schau ging den Motiven nach, die zu verschiedenen Zeiten hinter der Tätigkeit im Garten standen. Und wie Gärtner heute ihr Tun zwischen Last und Lust erleben, schilderten sie in prägnanten Worten.
Ausstellung aktiv
Gärtnern heißt aktiv sein. Dazu forderte auch die Ausstellung auf: Es galt, sich Inhalte durch puzzeln, kurbeln oder knobeln zu erschließen, Sammelkarten zu suchen und vor allem, sich an den Gemeinschaftsgärten im Freien zu beteiligen - Hacken, Schäufelchen, Gießkanne standen bereit.
Katalog
Zur Ausstellung ist ein Begleitkatalog erschienen.
ISBN: 978-3-945060-02-5
Laufzeit: 22. März 2015 bis 31. Januar 2016
Gestalterbüro:
Lendler Ausstellungsarchitektur, Berlin
LVR-Industriemuseum
Papiermühle Alte Dombach
Alte Dombach
51465 Bergisch Gladbach