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Grafik Industrieanlage

Völklinger Hütte

1913-1914

Ölgemälde einer Industriekulisse in einem barocken, goldenen Rahmen.

Gemälde „Völklinger Hütte“, Josef Tippkemper, 1913-1914, Öl auf Leinwand, 60,5 x 79 cm, Inv.-Nr.: rz 98/1240 © LVR-Industriemuseum, Foto: Jürgen Hoffmann

Das einzig bekannte Industriebild des Malers Josef Tippkemper befindet sich in der Sammlung des LVR-Industriemuseums. Es zeigt die monumentale Anlage der Völklinger Hütte.


Josef Tippkemper (1892-1987) war eigentlich Landschafts-, Tier- und Kirchenmaler, weshalb das Industriebild ein seltener Fund in der Museumssammlung ist. Tippkemper zählt zu den vielen unbekannten Malern, insbesondere Kirchenmalern, die trotz langer Schaffenszeit nie Ruhm erlangten und weitgehend im Verborgenen blieben.


Josef Tippkemper wurde 1892 in Oelde/Westfalen als achtes von zehn Kindern geboren. Der Vater arbeitete als Tischler und Schreiner. Die Familie war katholischen Glaubens. Mit 14 Jahren begann Tippkemper in der Werkstatt des Oeldener Kirchenmalers Johann Konrad Bartscher (1846-1921) seine Lehre. Von 1912 bis 1918 studierte er an der Kunstgewerbeschule und Kunstakademie Düsseldorf. Vermutlich entstand in dieser Zeit das Industriegemälde, dessen Vorlage eine Postkarte gewesen sein könnte.


Das Gemälde zeigt ein modernes Hüttenwerk mit zahlreichen Winderhitzern. In den grauen Winderhitzern wurde kalte Luft auf 1200 Grad erwärmt und dann von unten in den Hochofen geblasen. Zu jeder Gruppe Winderhitzer gehörte ein hoher Schornstein. Der Erzschrägaufzug in der Mitte des Bildes führte zur sogenannten Gichtbühne, von der aus die Hochöfen beladen wurden. Rechts hinter dem Schrägaufzug befindet sich die Möllerhalle. Dort lagerten Eisenerze, Sinter, Schrott und Kalk für die Erzeugung von Roheisen. Die Hochöfen kann man auf dem Bild nur erahnen. Sie sind von Stahlgerüsten umgeben und liegen hinter den Winderhitzern versteckt. Ob die drei Güterwaggons auf den Gleisen beladen sind, ob sie gerade noch in Bewegung waren, um Erze anzuliefern, ist nicht zu erkennen.


Die Komposition des Bildes macht deutlich, dass Tippkemper vielmehr Landschaftsmaler als Industriemaler war. Sein Interesse lag nicht in den Details und der Abbildung der Realität. Zum Beispiel basieren die Darstellung dicht gedrängt stehender Winderhitzer und die Weitläufigkeit des Fabrikgeländes auf seiner künstlerischen Freiheit. Besonders auffällig ist das Spiel aus Licht und Schatten, das an die niederländische Landschaftsmalerei des Goldenen Zeitalters erinnert. Auch der dunkle Rauch, der in den glühenden Himmel kraftvoll aufsteigt, ähnelt einem Gewitterhimmel auf einem Landschaftsbild. Dem dramatischen, bewegten Himmel steht das monumentale, menschenleere Hüttenwerk gegenüber. Die Baumaterialien Eisen, Stahl, Holz und Backstein unterscheiden sich kaum in ihrem Aussehen. Sie sind in Grau-, Braun- und Rottönen gemalt.


Das Gemälde entstand in einer Zeit als die Völklinger Hütte, die zur Röchling'schen Eisen und Stahlwerke GmbH, Völklingen (Saar) gehörte, zu einem bedeutenden Industrieunternehmen ausgebaut wurde, das im Ersten Weltkrieg wichtige Materialien für die deutsche Rüstung liefern sollte. Die Anlage wurde 1986 stillgelegt, unter Denkmalschutz gestellt und 1994 zum UNESCO Welterbe ernannt.


Regina Weber


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