Bastelbögen BV-ARAL-Tankstelle und -Tankwagen, um 1955, Karton, Papier, 72,5 x 36 (Tankstelle), 35,90 x 21,30 cm (Tankwagen), Inv.-Nr.: rz 99/440 © LVR-Industriemuseum, Foto: Jürgen Hoffmann
Der zu Zeiten der Ölkrise in den 1970er Jahren geprägte Spruch „Mein Auto fährt auch ohne Öl“ war purer Sarkasmus – die ausreichende und flächendeckende Versorgung mit Benzin oder Diesel war eine entscheidende Voraussetzung für die Massenmotorisierung.
Die ersten Automobilisten kannten allerdings noch keine Tankstellen im heutigen Sinne. Sie erstanden das Benzin in Kolonialwarenläden, Apotheken oder Werkstätten am Rande der Straße. Als die Nachfrage nach Kraftstoff stieg, kamen einfache Benzinpumpen in Form von Tanksäulen auf, die auf dem Bürgersteig vor Gasthäusern, Schmieden und Reparaturwerkstätten installiert wurden.
Erst in den 1920er Jahren entwickelte sich zunächst in den USA, dann auch in Deutschland der Typus der Tankstelle, so wie er uns noch heute mit einigen Modifikationen vertraut ist. Die immer größere Verbreitung dieser „weiträumig angelegten und bestens ausgestatteten Tankdienststellen“ – so das „Lexikon der Kraftfahrt“ von 1953 – hing eng mit der wachsenden Zahl von Kraftfahrzeugen zusammen. 1927 gab es im Deutschen Reich etwa 10.000 Tankstellen; drei Jahre später waren es bereits 50.000 und Ende der 1930er Jahre 60.000. Damit war die bis heute höchste Tankstellendichte erreicht.
Für die Mineralölfirmen bedeutete das unter anderem, dass sie sich auf einem zunehmend härter umkämpften Markt behaupten mussten. So entwickelten schon vor dem Zweiten Weltkrieg einzelne Gesellschaften erste Ansätze eines Corporate Design, das die individuelle Markenidentität stärken und nach außen dokumentieren sollte. Diese Tendenz zur einheitlichen Gestaltung auch der Tankstellen verstärkte sich in den Jahrzehnten nach 1945.
Ein attraktives Beispiel für die weitgehende Standardisierung der Anlagen ist der Bastelbogen der seinerzeit noch als BV-ARAL firmierenden Gesellschaft aus den 1950er Jahren. Mit den zwei Tanksäulen, dem Ölkabinett, dem verglasten Kassenhäuschen, der Werkstatt für die „Aral-Wagenpflege“ und einem Tankwagen bietet er das typische Bild einer ganz in Blau-Weiß gehaltenen Tankstelle. Als kleines Dankeschön sollte der Bogen Sohn oder Tochter des Autofahrers – also die zukünftigen Kunden – mit dem gewünschten Markenbewusstsein infizieren.
Markus Krause
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