Nivea Cremedose, Beiersdorf AG, Hamburg, 1949 - 1959, Metall, 5 x 1,3 cm, Inv.-Nr.: eu ws/241 © LVR-Industriemuseum, Foto: Jürgen Hoffmann
Diese Nivea-Dose blieb wie so manch anderes Objekt nach der Stilllegung der Tuchfabrik Müller 1961 auf einem Webstuhl liegen. Es handelt sich um eine ganz einfache und alltägliche Dose – und doch lässt es einige Rückschlüsse auf den Arbeitsalltag in der Tuchfabrik zu.
Gefunden wurde die Nivea-Creme Dose Ende der 1980er Jahre, als das LVR-Industriemuseum die ehemalige Tuchfabrik Müller in Euskirchen mitsamt ihrer Einrichtung inventarisierte. Als die Fabrik noch in Betrieb war, brauchten die Weber stets gepflegte Hände, um Arbeiten an den feinen Fäden ausführen zu können. Damit der Faden nicht hängen blieb, haben sie „schnell was Creme auf die Hände getan“ Die Creme schützte die Hände der Weber auch vor dem Maschinenöl und -schmutz. So kamen sie nicht direkt mit dem Schmier in Berührung.
Fingerspitzengefühl war bei der Pflege der Webschützen gefragt, denn ein defekter Webschütze konnte großen Schaden anrichten. Daher galt die Aufmerksamkeit der Weber ständig dem Zustand der Schützen, den sie bei jedem Schützenwechsel kontrollierten. Irgendwo war ein Schütze, bei dem ein Eckelchen fehlte. Die Weber brauchten das nicht zu sehen, sie fühlten es. Aber natürlich nur, wenn sie entsprechend gepflegte Hände hatten.
Auch wegen des Raumklimas in der Weberei benutzten die Arbeiter in der Tuchfabrik Creme. Ein ehemaliger Weber erinnert sich: „Also hier hatte man oft durch die raue und trockene Luft immer die Lippen so ... Der Wollstaub, der hat das teilweise ein bisschen trocken gemacht. Creme, wenn die Lippen rau waren, da konnten Sie sich was auf die Lippen tun.“
Nach der Betriebsschließung 1961 hatten die Arbeiter ihre privaten Utensilien wie Creme, Pflaster, Seife und Spiegel, die am Arbeitsplatz benötigt wurden, wieder mit nach Hause genommen. Es ist wohl eher Zufall, dass die fast leere Nivea-Dose damals liegen geblieben ist.
Detlef Stender
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