28. June 2024
Zeitgleich mit ihrem hundertdreißigsten Geburtstag zeigt das LVR-Industriemuseum in der St. Antony-Hütte in Oberhausen ab dem 28. Juni 2024 erstmals Arbeiten der Fotografin Anne Winterer (1894–1938). Die Ausstellung „Anne Winterer – Rheinland und Ruhrgebiet im Blick. Fotografie der 1920er und 1930er Jahre“ führt mit über 60 Aufnahmen in vergangene Lebenswelten an Rhein und Ruhr und ermöglicht eine Wiederentdeckung der früh verstorbenen Fotografin mit ihrem besonderen Blick für Menschen und Orte.
Die in Konstanz geborene Anne Winterer gründete 1925 gemeinsam mit Erna Hehmke (1905–1992) die „Lichtbildwerkstatt Hehmke-Winterer“ in Düsseldorf, welche die beiden Frauen zehn Jahre lang zusammen betrieben. In dieser Zeit entstanden verschiedene Fotoserien mit einem breiten Spektrum an Motiven. Sie zeigen Menschen und Industrie im Ruhrgebiet, Landschaften am Niederrhein, aber auch Alltag und Freizeit der 1920er und 1930er Jahre. 1935 zog Anne Winterer zurück an den Bodensee, wo sie Aufnahmen unter ihrem Namen veröffentlichte.
Im Auftrag verschiedener Industrieunternehmen und Verlage führte Anne Winterer regelmäßig umfangreiche Bilddokumentationen aus. Eine Auswahl von Industrieaufnahmen, etwa der Gutehoffnungshütte (GHH) in Oberhausen, steht in der Ausstellung stellvertretend für diesen wichtigen Bildbestand im Werk der Fotografin. Winterer rückte aber auch immer nah an die Menschen heran und fing Momente außerhalb der Industriebetriebe ein, wie beim „Taubenvater“, dem Lehrjungen auf der Leiter beim Blumengießen, den Menschen auf der Kirmes oder dem jungen Paar vor einer Industrieanlage. Andere Fotografien aus ihrer Lichtbildwerkstatt, die nicht zum Bestand des LVR-Industriemuseums gehören, wurden für propagandistische Zwecke der Nationalsozialisten genutzt. Ihre politische Haltung in der NS-Zeit ist bisher nicht eindeutig geklärt.
„Anne Winterer – Rheinland und Ruhrgebiet im Blick“ gibt erstmals einen Einblick in das Werk der Fotografin, das sich mit rund 900 Fotografien und Dokumenten im Bestand des LVR-Industriemuseums befindet. Neben den Aufnahmen werden einige der wenigen erhaltenen persönlichen Dokumente Winterers ausgestellt. Die Ausstellung ist eine Wiederentdeckung und Sichtbarmachung des fotografischen Lebenswerks der einst bekannten wie anerkannten Fotografin. Gleichzeitig sind Anne Winterers Aufnahmen bemerkenswerte Zeugnisse vergangener Lebenswelten an Rhein und Ruhr.
Dass Frauen beauftragt wurden, Schmelzöfen, Maschinenanlagen und Bergwerke zu fotografieren, mutet zunächst ungewöhnlich an, gilt doch die Industriedarstellung als „männliche Domäne“. Mit dem in den 1920er Jahren deutlich angestiegenen Bedarf an Bildern für die illustrierte Presse wuchs die Nachfrage nach Industrieaufnahmen für Werkszeitschriften und andere Presseerzeugnisse stetig an. Damit eröffnete sich auch für Frauen die Möglichkeit, sich in diesem Berufsfeld zu etablieren. Neben den bekannten Vertretern der Industriefotografie wie Albert Renger Patzsch, Heinrich Hauser oder Josef Stoffels wurden so Anne Winterer, Erna Wagner Hehmke und Ruth Hallensleben zu wichtigen Chronistinnen des Ruhrgebiets.
Die Ausstellung ist bis zum 22. Juni 2025 zu sehen. Ein Katalog zu Leben und Werk von Anne Winterer ist zum Preis von 9,95 € erhältlich.
Weitere Informationen auf www.industriemuseum.lvr.de
LVR-Industriemuseum
St. Antony-Hütte
Antoniestraße 32-34
46119 Oberhausen
Laufzeit: 28. Juni 2024 bis 22. Juni 2025
Öffnungszeiten: dienstags bis freitags, 10 – 17 Uhr, samstags u. sonntags 11 – 18 Uhr
Besucherinformationen bei kulturinfo rheinland unter Tel.: 02234/9921-555 (Mo-Fr 8-18 Uhr, Sa, So und an Feiertagen 10-15 Uhr) oder per Mail an info@kulturinfo-rheinland.de
Die Pressebilder dürfen nur im Rahmen der aktuellen Berichterstattung über die Ausstellung "Anne Winterer – Rheinland und Ruhrgebiet im Blick" genutzt werden. Eine gesonderte Verwendung der Fotos ist nicht erlaubt.
Paar vor Industrieanlage, Ort unbekannt, 1920er/1930er Jahre
© LVR-Industriemuseum, Foto: Anne Winterer
Gutehoffnungshütte, Ort unbekannt, 1920er/1930er Jahre
© LVR-Industriemuseum, Foto: Anne Winterer
Schlackenabstich an der Thomasbirne, Ort unbekannt, 1920er/1930er Jahre
© LVR-Industriemuseum, Foto: Anne Winterer
Ein besonderes Vergnügen bei der Kirmes, Düsseldorf-Oberkassel, 1920er/1930er Jahre
© LVR-Industriemuseum, Foto: Anne Winterer
Salto, Ort unbekannt, 1920er/1930er Jahre
© LVR-Industriemuseum, Foto: Anne Winterer
Fischer am Niederrhein, 1920er/1930er Jahre
© LVR-Industriemuseum, Foto: Anne Winterer
Hüttenarbeiter, Ort unbekannt, 1920er/1930er Jahre
© LVR-Industriemuseum, Foto: Anne Winterer
Grube im Walde, ländliche Förder- und Verladesituation, Ort unbekannt, um 1936
© LVR-Industriemuseum, Foto: Anne Winterer
Ein Eis von der Oma, Ort unbekannt, 1920er/1930er Jahre
© LVR-Industriemuseum, Foto: Anne Winterer