07. February 2020
Tabakpfeife, Schallplatte oder Smartphone – Konsumartikel, die alle kennen, alle haben, alle brauchen? Zu verschiedenen Zeiten galten ganz unterschiedliche Dinge als Must-have. Die neue Ausstellung „Must-have. Geschichte, Gegenwart, Zukunft des Konsums“ stellt ab dem 7. Februar im LVR-Industriemuseum Gesenkschmiede Hendrichs in Solingen mit zahlreichen Exponaten die Entwicklung des Konsums von der vorindustriellen Zeit bis in die unmittelbare Gegenwart vor und wirft Fragen an die Zukunft auf. Sie richtet sich auch an alle, die ihr Herz schon einmal an einen besonders schönen Gegenstand verloren haben oder sich mit dem Thema Konsum auseinandersetzen möchten.
An der Wiege des Kaufrausches
Einige aktuelle Konsum-Trends sind gar nicht so neu wie man heute denkt. Sie haben Vorläufer in der Geschichte. Wenige Besitztümer, eine lange Nutzungsdauer und fortwährendes Reparieren und Ausbessern von Alltagsgegenständen waren in vorindustrieller Zeit Normalität. Viele Produkte wurden selbst hergestellt oder zumindest regional produziert. Als dann Ende des 19. Jahrhunderts Warenhäuser zum Probieren und Einkaufen, zum Bummeln und Verweilen entstanden, war das Shopping-Erlebnis geboren. Produkte wurden jetzt massenhaft in Fabriken industriell hergestellt – und dadurch billiger. Marketing, Werbung und verlockende Schaufenster-Dekorationen kamen auf und begleiten unser Leben bis heute.
Notzeit und Konsum-Explosion
Waren- und Geldmangel waren von Beginn des Ersten Weltkriegs bis in die 1950er Jahre eine häufige und prägende Erfahrung. Viele Menschen versuchten, sich notdürftig selbst aus dem Garten zu versorgen. Im Nationalsozialismus sollte dann die ganze Bevölkerung zur Sparsamkeit und steten Wiederverwendung von Materialien erzogen werden. Nach den Notjahren gehörten Ernährung, die Motorisierung und das Reisen zu den ersten Konsumbereichen, die die Menschen im „Wirtschaftswunder“ begeisterten. Die sich rasch wandelnde Welt der Unterhaltungselektronik und der Popmusik versprach neuen Luxus für die breite Bevölkerung. Der Konsum explodierte seit den 1960er Jahren: Alles wurde neu angeschafft. Elektrogeräte und Verkehrsmittel veränderten den Alltag revolutionär. Und es entstanden völlig neue Ex-und-hopp-Artikel wie Papiertaschentücher, Windeln oder Joghurtbecher.
Lifestyle-Generator
Heutzutage definieren wir uns darüber, wie wir konsumieren, welche Kleidung wir tragen, was wir essen, wie wir uns einrichten, wie wir unsere Freizeit gestalten oder welches Handy wir haben. Die Ausstellung bietet die Möglichkeit, mit der eigenen Konsum-Identität zu spielen: Welcher Konsumtyp bin ich? In einer interaktiven Installation kann man sich ein Outfit nach verschiedenen Lifestyles zusammenbasteln – und zum Schluss einen Schnappschuss machen.
Kultur des Weniger
Die Grenzen des Wachstums wurden ab den 1970er Jahren immer offensichtlicher und die Menschen nahmen aufmerksamer die mit dem Konsum verbundenen Umweltprobleme wahr: Luftverschmutzung, Atomkraftwerke, Verkehrschaos, Klimawandel. Zugleich fragen sich viele Menschen: Brauchen wir all die Dinge um uns herum? Müssen wir dafür so viel arbeiten? Dürfen wir weiter Fleisch essen? Wollen wir weiter mit diesem absurden Verkehr leben? Ist unser Alltag noch ökologisch vertretbar und fair im Verhältnis zu anderen Kontinenten und den kommenden Generationen? Müssen wir nicht etwas ändern? Vor diesem Hintergrund wagt die Ausstellung auch einen Blick in die Zukunft: Wie werden und wollen wir in Zukunft konsumieren? Welche Produkte werden aus nachhaltigen Materialien hergestellt? Dazu werden aktuelle Trends wie Sharing, Re- und Upcycling und Minimalismus vorgestellt.
Putzig ist anders
lautet etwa der Titel einer Veranstaltung, die im Rahmen des Begleitprogrammes angeboten wird und sich mit Chemie im Haushalt auseinandersetzt. Neben öffentlichen Führungen durch die Ausstellung werden in Kooperation mit der Verbraucherberatung informative Vorträge zu Themen des alltäglichen Konsums angeboten. Kreativangebote für Kinder, die aus Abfallprodukten, neue interessante Dinge bauen oder ein Workshop für Erwachsene, der sich mit Fragen des Modekonsums und Möglichkeiten des Upcyclings beschäftigt, sind einige Beispiele aus dem vielseitigen Veranstaltungsprogramm.
Must-have für Schulklassen
Nicht zuletzt die Fridays for Future-Demonstrationen zeigen, wie sehr sich eine junge Generation mit Gedanken um eine lebenswerte Zukunft auseinandersetzt. Konsum ist hier ein wichtiges Stichwort. Dementsprechend spricht die Ausstellung gerade auch Schulklassen an. Während sich der handlungsorientierte Konsumworkshop für die Klassen 3-7 eignet, lädt der Oberstufenworkshop dazu ein, aktuelle Entwicklungen zu ihren historischen Ursprüngen zurück zu verfolgen und vor diesem Hintergrund zu interpretieren.
Zur Ausstellung ist ein Katalog zum Preis von 9 € im Museumsshop erhältlich.
Weitere Informationen finden Sie auf www.musthave.lvr.de
LVR-Industriemuseum
Gesenkschmiede Hendrichs
Merscheider Str. 289-297
42699 Solingen
Laufzeit: 7. Februar 2020 bis 11. April 2021
Öffnungszeiten: dienstags bis freitags 10 – 17 Uhr, samstags und sonntags 11 – 18 Uhr
Eintrittspreise: Kombikarte mit Dauerausstellung 6 €.
Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre haben im LVR-Industriemuseum freien Eintritt.
Besucherinfos und Buchungen von Führungen bei kulturinfo rheinland unter
Tel.: 02234/9921-555 (Mo-Fr 8-18 Uhr, Sa, So und an Feiertagen 10-15 Uhr)
oder per Mail an info@kulturinfo-rheinland.de
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Die Kombinationstruhe "Arkona 21" von Blaupunkt war absolute Luxusklasse, 1959.
© LVR-Industriemuseum, Foto: Jürgen Hoffmann
Turnschuhe aus den 1980er Jahren.
Turnschuhe sind Kult! Wenn alle Sneaker tragen, werden Marke und Modell immer wichtiger.
© LVR-Industriemuseum, Foto: Jürgen Hoffmann
Mit dem Motorrad zur Arbeit, zum Wochenendausflug oder abends ins Kino. Ein zweiter Sitz, der auf dem Gepäckträger montiert werden konnte, lud zu Unternehmungen zu zweit ein.
Victoria KR 25 Aero, 8 PS, 247 cm³, Victoria-Werke Aktiengesellschaft, 1950.
© LVR-Industriemuseum, Foto: Jürgen Hoffmann
Auch Kleidung wird in der Ausstellung Must-have präsentiert.
© LVR-Industriemuseum, Foto: Jürgen Hoffmann
Reklameschild des Getränkeherstellers Sinalco, um 1905.
© LVR-Industriemuseum, Foto: Jürgen Hoffmann
Der Spiegel thematisierte im November 1986 Luxus-Wahn und Kaufrausch.
© LVR-Industriemuseum, Foto: Jürgen Hoffmann
Anette Gantenberg
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