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Alle Standorte des LVR-Industriemuseums haben am 1. Mai von 11-18 Uhr geöffnet, ausgenommen davon sind der Peter-Behrens-Bau & der Oelchenshammer.

Grafik Industrieanlage

Herrenmantel

1927 – 19453

Heller Wintermantel für Herren

Herrenmantel, 1927 – 1953 (Gebrauch), Wolle, Zellwolle, Viskose, 108 x 66 cm, Inv.-Nr.: ra 03/529 © LVR-Industriemuseum, Foto: Jürgen Hoffmann

Der Wintermantel war schon vor Beginn des Zweiten Weltkrieges ein ebenso begehrtes wie rares Kleidungsstück. Er war nur auf Antrag eines Bezugsscheins zu erwerben. Fortan durfte jeder Verbraucher nur einen Wintermantel besitzen. Dies änderte sich auch nicht wesentlich, als mit der Einführung der zweiten Reichskleiderkarte der Handel mit den Mänteln vermeintlich liberalisiert wurde: Männer hatten 120 ihrer 150 Punkte abzugeben, Frauen konnten zwischen einem Woll (-haltigen) Mantel zu 75 Punkten oder einem kunstseidenen Mantel (40 Punkte) wählen.


Damit stand die Verordnungslage auch im Widerspruch zu bisherigen kulturellen Praktiken rund um das begehrte Kleidungsstück. In der Erinnerung der Zeitzeugen taucht der Zeitpunkt des Neukaufs als „Wintermanteljahr“ auf. Auch sorgte die behördliche Praxis, das alte Kleidungsstück bei Beantragung eines neuen anfänglich einzuziehen, für einigen Widerspruch in der Bevölkerung. Gerade in ärmeren Familien war die Weitergabe des alten Mantels an die Kinder oder die Umarbeitung nicht unüblich. Die Versorgung der Wehrmacht an der Ostfront mit Winterkleidung hatte auch Auswirkungen auf die Einkaufsmöglichkeiten in der Heimat, sodass viele Konsumenten bereits vor Winterbeginn die Vorräte aufkaufen wollten.


Das „Hamstern“ von Kleidung während der Kriegsrationierung zeigte sich hier besonders deutlich. Die staatlichen Stellen sahen sich daher im Sommer 1942 sogar genötigt, den Verkauf von Wintermänteln bis Anfang September zu untersagen. Ebenso war es den Ladeninhabern verboten Vorbestellungen anzunehmen. Die mit Verschärfung des Bombenkriegs zunehmende Anzahl an Fliegergeschädigten machte auch die Versorgungslage mit Wintermänteln noch schwieriger, insbesondere in den Städten, da zum Teil eine komplette Neuausstattung der Geschädigten nötig war – auch mit Winterbekleidung.


Dieses Kleidungsstück ist damit ein Sinnbild für restriktive Bekleidungsrationierung und die Notlage der Bevölkerung zum Ende des Zweiten Weltkrieges. Seine Geschichte ist ein beeindruckendes Zeugnis der Alltagsgeschichte der 1930er und 1940er Jahre.


Weitere Informationen zum Ausstellungsprojekt „Glanz und Grauen - Mode im Dritten Reich“


Nils Bennemann


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