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Grafik Industrieanlage

Handwerkerjacke

1730 - 1750

Braune, verblichene Handwerkerjacke aus einem Leinen und Woll Gemisch

Handwerkerjacke, 1730 - 1750, 110 x 118 cm, Leinen, Wolle, Inv.-Nr.: ra 97/2086 © LVR-Industriemuseum, Foto: Jürgen Hoffmann

Zu den ältesten Sammlungsstücken an Alltagskleidung zählt eine einfache Herrenjacke des Barock. Obwohl sie ganz verblichen ist, der Wollplüsch mottenzerfressen und einige Knöpfe fehlen, ist sie ein Glücksfall für das Museum, sind solche Stücke aus dem 18. Jahrhundert doch so gut wie nicht überliefert.


Hergestellt ist die schwere Jacke aus einem Mischgewebe aus Wolle und Leinen: Die Kette besteht aus qualitativ sehr schlechtem Leinengarn, der Schuss aus stark gerauhter Wolle, sodass eine plüschartige Oberfläche entstand. Die aufgerauhten Wollfasern sind während langem Gebrauchs verschlissen und vermitteln heute den Eindruck einer Leinenjacke. Die Jacke ist mit groben Stichen und fast bindfadendickem Garn handgenäht und ungefüttert. Die Knopflöcher sind ebenfalls mit groben Stichen umnäht, wobei die dunkle Farbe des Garns im Kontrast steht zu dem hellen Leinen. Da die Knopflochstiche aber eindeutig keine Zierstiche sind, zeigen sie wahrscheinlich Reste der ursprünglichen dunkelblauen Farbe der inzwischen ausgeblichenen Jacke.


In der Jacke mischen sich Elemente typischer Herrenkleidungsstücke des 18. Jahrhunderts: der eher in der höfischen Mode getragene Justaucorps und die einfache Gebrauchsjacke der unteren Schichten. Dem Justaucorps entlehnt ist der modische Schnitt mit enganliegendem Oberteil, glockigen Schößen und großen Klappentaschen. An die Gebrauchsjacke erinnert das verschließbare Vorderteil, der mit einem schmalen Vorstoß fixierte Halsausschnitt sowie die schmalen Ärmel mit markanten Manschettenklappen und großen Knöpfen. Das Material, ein matter, ungemusterter Stoff in gedeckter Farbe, weist die Jacke als Frack aus.


Über die Geschichte der Jacke ist nichts überliefert. Die schlechte Stoffqualität und die grobe Näharbeit weisen aber darauf hin, dass dieser Frack eher von einem Mann der unteren Schichten, vielleicht einem Handwerker aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts stammt. Eine genauere Datierung ist nur schwer möglich, lässt sich doch kaum mehr ermitteln, wann diese Mode, die in höfischen Kreisen seit den 1720ern populär war, die einfacheren Leute auf dem Lande erreicht hat und wie lange dort wiederum an dieser Kleidungsform festgehalten wurde.


Claudia Gottfried


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